Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 2 (1837))

146 Ueber den Geist des deutschen CriminalprozesseS rc.
men und der Geist jener Strafgerichte der beste ist, sondern
wir weisen darauf nur deshalb hin, weil jetzt weife Regeln
und feste Normen die natürlichen Voraussetzungen des Ur-
thcilS wurden.
Diese quaestiones trugen die Spuren ihres Ursprungs
in den Volksgerichten so offen an der Stirne, als überhaupt
in der Zeit der römischen Republick die majestas populi
oder Volkssouveränität der Schlüssel zu allen Einrichtungen
ist. Mit dem Princip mußte sich unter den Imperatoren
auch diese Consequenz ändern , und zu IustinianS Zeit waren
die obersten kaiserlichen Machthaber und deren Stellvertreter
mit den sie berathenden Beisitzern daö Criminalqericht.
Hiermit fielen eine Masse alter Regeln und schützender In-
stitutionen , aber freithätig hatte die Wissenschaft gute
Grundsätze geschaffen, und der verständige und edle Richter
konnte sich nicht als verlassen ansehen. Doch die Impera-
toren Wirksamkeit war unheimlich, und die Unabhängigkeit
der Gerichte von der höchsten Macht eine damals unbekannte
Sache3).
Wie schlecht die gerichtlichen Einrichtungen am Ausgange

3) Seit dem Jahre 1815 hat sich eine Schule historischer und
juristischer Gelehrten gebildet, welche alles Unheil dem über-
wiegenden Einflüsse der Grundsätze der alten Welt zuschreiben.
Diese Schule zerfällt wieder tn zwei verschiedene Haufen.
Die Einen wollen das germanisch-christliche Element her-
vorheben, indem sie das griechisch-römische unterdrücken;
die Andern wollen Nichts vom christlichen Elemente wissen,
aber sie glauben, die neue Welt verfahre geschcidter in der
Fortentwicklung aus germanischen Einrichtungen, als durch
die Gesammtbildung aus der Geschichte. So kömmt es,
daß man den Geist jener Zeit, mir welchem alle neuere
Bildung anfing, das ist den Rückblick auf Griechen - und
Römerthum verwünscht, wie v. Raumer in diesem Sinn
seine Geschichte und seine philosophischen Betrachtungen ge-
schrieben bat, in Machiavelli's Hinblick auf Livius
das Verkehrte findend: so kommt es, daß die französische
philosophische Schule nicht weniger als die neuere englische
das Alte nur vräconisirt, soferne es den modernen Ideen
zusagt. Aber wir meinen, die Geschichte müsse immer un-
getrübt in ihrem ganzen Zusammenhang aufgefaßt werden,
&<• *n nur so spricht sie Wahrheit, und bewahrt vor Ein-
seitigkeit.

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