Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 1 (1833))

lieber die neuesten Strafgesetz-Entwürfe in Baiern. 269
Stellung zu geben/ d. h. Alles? was in dem Criminalgefetz-
buche nicht zweckmäßig verpönt würde? in diesen Supplemen-
tarcodex zu verweisen? wo es dann weniger auf den Charak-
ter der strafbaren Handlung? als darauf ankommt/ daß eine
gewisse Unternehmung oder Unterlassung zwar nicht straflos
bleibe? aber auch nicht zu streng bestraft werde. In diesem
Sinne ist das österreichische Gesetzbuch über schwere Polizei-
Übertretungen gearbeitet22) ? und diese Ansicht hat eigentlich
darin ihren historischen Grund? daß man theils durch das
römische Recht verführt? theils durch die germanischen Ge-
wohnheiten und Ansichten von den peinlichen Verbrechen
bestimmt? sogenannte bürgerliche oder Civilverbrechen
angenommen hat? ein Unterschied? welchen sogar die Caro-
lina vorauSsetzt? indem sie von bürgerlicher Strafe spricht23).
Sonach läßt selbst die Carolina zu? daß der Diebstahl nicht
immer als eigentliches Verbrechen angesehen? sondern oft nur
bürgerlich bestraft werde? worunter nicht gerade eine Geld-
strafe im Sinne des römischen Rechts? sondern nach Art. 157.
auch eine Gefängnißstrafe verstanden ist. Roch in andern
Fällen wirklicher Rechtsverletzungen hat die deutsche Praxis
bürgerliches Gefängniß im Gegensatz des peinlichen verhängt
und auf diese Weise das Princip anerkannt? daß Läsionen?
die nicht zur criminellen Cognition sich eignen? auf einem
andern Wege mit öffentlicher Strafe verfolgt werden können.
Eine andere Meinung ist aber die? wornach die strafbaren
Rechtsverletzungen in dem Gesetzbuche über Verbrechen und
Vergehen sämmtlich verbunden? dabei wohl nach diesen Wor-
ten im Sinne des Unterschieds der mehr oder weniger schwe-
ren Verletzung wieder getrennt? zusammen aber den übrigen
strafbaren Handlungen ? die den Ramen Polizeiüberrretungcn
führen sollen? entgegenzusetzen seyen^). Zn den Polizei-
22) Nur muß man hier nie übersehen? daß die Polizeiübertre-
tungcn im österreichischen Rechte diejenige Stelle vertreten?
welche im gemeinen Rechte die bürgerlich strafbaren Hand-
lungen im Gegensätze der Verbrechen einnehmen: vielleicht
könnte man sagen? daß hier die Vergehen und Polizei-
übertretungen des baierifchen Systems gleichsam zusammen-
gefaßt seyen.
23) Art 1.58.
24) Dies ist das System des französischen Rechts.
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