Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 1 (1833))

198 Bemerkungen über die Principien des Crrminalprozesses.
durchgeführten Systems der Schriftlichkeit. Dieses System
wird auch von Allen gelobt6fi), ist vielfach vervollkommnet
worden/ noch weiterer Vervollkommnung fähig/ und muß
daher sorgfältig erhalten werden. Auch im Achtsprozesse
kömmt die Schriftlichkeit bei der vom römischen Rechte her-
übergenommenen Obsignation der Güter des Geächteten vor.
Im Uebrigen war die Theorie der Carolina besser als die
Praxis ihrer Zeit in diesem Punkte / wie wir aus vielfachen
Zeugnissen wissen.
§. 9.
An der Hand der Carolina bildere sich der deutsche Cri-
minalprozeß durch eine 300jährige Praxis und mit Hilfe
mancher tüchtigen wissenschaftlichen Bestrebung aus. Schon
Andere haben gezeigt/ wie die Oeffentlichkeit ohne Einfluß
der Politik durch die Fortbildung des Gerichtswesens / welchem
auch das Volksvertrauen entsprach/ verloren ging/ und an
deren Stelle die Actenverhandlung nach einer in der Theorie
und vielfach auch in der Praxis sehr geregelten Untersuchungs-
maxime den ganzen Criminalprozeß bildete. So sehr der
Scharfsinn der Gelehrten und Praktiker sich auSzeichnete,
um dieser Prozeßtheorie durch wohl durchdachte Normen/
namentlich durch die bessere Bestimmung des Unterschiedes
der General- und Specialuntersuchung/ des Begriffes von
Thatbestand, der Art der Vernehmung und Vertheidigung
des Angeschnldigten Vollkommenheit zu geben/ und so sehr
ein milder Geist der Staatsverwaltung jede Inhumanität
erstickte und die Gerechtigkeit durchaus nur als nothwendiges
Mittel der Versöhnung übte; so sind doch immer große
Mängel und Fehlgriffe dieses Verfahrens sichtbar geworden/
und unsere Zeit der Vergangenheit nicht selten Hohn sprechend
hat Alles vergrößert. Die Beamtenwillkühr in der Unter-
suchung ist oft nicht zu läugnen / die Beweistheorie hat mit
der Aufhebung der Tortur eine ganz andere Richtung genommen,
die selbst von der Wissenschaft nicht immer gehörig angedeutet

66) Maurer S. 366.

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