Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 6 (1848))

Zur Lehre von d. Wirkungen des Prozesses auf das materielle Recht. 211
ganzen Zusammenstellung der Sache im zweiten Buche der
Decretalen erkennt, daß die litis contestatio mir nöthig war,
damit der Richter eine gültige Sentenz sprechen konnte, na-
mentlich eine Beweissentenz Zit. VI. Decretal.). Im Uebrigen
können wir auf die Zeugnisse des Gonzalez Tellez uns
berufen, obgleich in seiner Zeit wie zu allen Zeiten der gelehrte
Dünkel herrschte, nach der Etymologie eines Wortes Alles in
die älteste Zeit zurückzuführen.
Hi8 difficultatibus minime obstantibus vera est prae
sens assertio, pro cujus expositione et ut litis contesta-
tionis etymon et originem repetamus, sciendum est apud
Romanos praetorem statim poposcisse testes etc., waö
für unsere Sache gar keine Bedeutung hat, aber den verwir-
renden Sinn der gelehrten Forschungen anzeigt.
Das kanonische Recht ist also der Wendepunkt der neue-
ren Jurisprudenz, was man in unseren Tagen so gerne ver-
deckt, weil man die Quelle des neueren Rechts nicht gerne in
der Hand der Päbste sehen will, die doch in der That nichts
anderes waren, wie der römische Prätor auch — die viva vo\
populi. Rach Savigny und Wächter soll es daher anders
geworden seyn durch die deutsche Reichsgesetzgebung, welche
selbst nichts anderes war, als eine fortspinnende Quelle der
mittelalterischen Jurisprudenz.
Im canonischen Rechte erscheint die Litis - Contestation
als die erklärte Absicht eine richterliche Entscheidung zu er-
langen. Diese drückt der Kläger schon aus, indem er vor-
den Richter geht, der Beklagte, indem er sich einläßt. Die
Einlaßung ist daher eine einseitige Handlung aber ohne Form,
kann auch nebenbei, z. B. in der Annahme des Klaglibells und
in der ersten Responsion geschehen, und sie hat gar keinen an-
deren Zweck, als den Richter zur Entscheidung nicht eines for-
mellen, sondern des ursprünglich materiellen Rechts aufzufor-
dern; in der Art, daß sie dem Kläger gänzlich oder theilweise
in allen jenen Angaben widerspricht, die er seiner Klage zn
Grunde gelegt hat.
Ebendeßhalb wurde es in dieser Richtung des canonischen
Prozesses so wichtig, von der Substantiirung der einzel-
nen Klagen zu handeln, weil eben jetzt nichts mehr auf daS
Formelle — auf das Contractliche oder Quasi -Contractliche

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