Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 6 (1848))

jetzt tu ihrer Formlosigkeit besteht?

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lieberführte sein Wort zu halten schuldig sey. .Natürlich aber
kam es im Prozesse nicht blos auf das Wort a», sondern
auch auf den Rechtögrund, auf das Geschäft, und nicht blos
das Wort mußte bewiesen werden, sondern auch das Geschäft;
und darin selbst liegt die materielle Wirklichkeit des
Vertrags als äußerlich ftiristisch im Gegenstand des voti;
vom voturn aber blieb das, daß der eine Theil nicht zurück'
treten konnte, weder reuen, noch sonst den Vertrag aufrufcn,
und daß daher im Principe des neuen christlichen Lebens Alles
dasjenige aufgegebcn war, was daS neue materielle System der
Verträge bei den Römern aus dem alten formellen Rechte we-
gcn der condictio beibehalten hatte. Daher kömmt auch das
Wort „stipulircn", welches der Sache nach, wie das römische
stipulari angesehen wird. Wer stipulirt, kann von dem Ver-
trage nicht abgehen, und so ist es gekommen, daß auch in un-
serer juristischen Volkssprache stipulircn „Vertrag schließen" heißt.
Daß wir seit mehr als drei Jahrhunderte theilweise an-
ders denken, komint von unser» philologischen und verkehrten
philosophischen Bestrebungen, wie die nachfolgende Ausführung
darthun wird.

8. 7.
Zweite Periode.
In der Zeit der ersten Periode hatte man practischer ge-
dacht, wie in der zweiten Periode. Dort fing man mit dem
Codex an, und die summa war gerade über den Codex oder
über das neueste Recht gemacht ®j; nicht weniger war man be-
dacht , das neueste römische Recht anzuwenden auf die Rechte
germanischer Völker. Dadurch entstand natürlich ein drittes
Recht und dies war das Recht des Mittelalters ^
Diese Dogmatik behagte aber auf einmal der Welt nicht
mehr recht: das wirkliche Recht sollte besser erwiesen werden,
denn die Tradition genügte nicht, weil man die Vernunft dar-
überstellte, und so kam die Philologie nicht als untcrrich-

6) Justinian, wenn er seine Zeit verstanden hätte, musite seine
Institutionen über den Codex machen, jedoch eine rechtshistorischc
Einleitung vorausgehen lassen.
7) Durchaus unerkannt für unsere Zeit, verwischt durch die philolo-
gischen Untersuchungen der zweiten Periode.

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