Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 6 (1848))

116 lieber erecutorische Urkunden und Exccutivprozeß.
Allem den praktischen Standpunkt des Mittelalters, welchem dann
eine neue schöne Wissenschaft zur Seite steht, und erkennen wird
man, was die zweite, zwar sehr fleißige Schrift eben nicht
vollkommen ausgeführt hat, welche große Bedeutung das
Notariat im Mittelalter sowohl in Italien wie in Frankreich
hatte. Das Notariat war nämlich die große prak-
tische Schule, denn durch die Schriftlichkeit, die jetzt schon
nach dem Beweissysteme des canonischen Rechts als Hauptmo-
ment der Praxis angesehen wurde, waren die Notare oder
Gerichts- und Rechtsschrciber die wahren Männer des Rechts,
die Alles in die gehörige Form brachten. Was die Gelehrten
im römischen und canonischen Rechte für die Wissenschaft ge-
leistet haben, dasselbe waren die Notare für die Praxis.
Will man nun aber den rechten Eindruck der neuen Nechts-
entwicklung im Mittelalter haben, so muß man, wie besonders
Briegleb gut entwickelt hat, auf das lebende Recht des
Mittelalters Hinschauen, welches sich in der Geschichte und in
den Rechten der Städte des Mittelalters ausspricht.
Dem Unterzeichneten ist es gelungen, die meisten italieni-
schen Stadtrechte in ihrem geschichtlichen Zusammenhänge inJtalien
zu sehen, wobei er immer an die eben angczcigtcn zwei Werke
gedacht hat, die vom Süden und vom Norden Deutschlands
nicht in irgend einem verabredeten Zusammenhänge, sondern in
dem ächt wissenschaftlichen Geiste unsrer Zeit auf das Studium
des Mittelalters Hinweisen, und namentlich das italienische
Recht des Mittelalters als das ursprüngliche Vorbild der
neuen Nechtsbildung in Frankreich und Deutschland ansehen.
Von diesem Gedanken ist der Unterzeichnete seit länger als 20
Jahren erfüllt, und immer dachte er an einen eigenen Versuch,
die Bedeutung des mittelalterischen italienischen Rechts zu
zeigen.

1) Der Hauptstandpunkt hätte der seyn sollen, daß die notarii in
Italien die Schriftlichkeit sowohl im Gerichte als außer dem Ge-
richte pflegten, ja sogar gewiffermassen selbstständige Richter wur-
den (judices chartularii), was aber weder auf Frankreich noch
auf Deutschland überging. In Frankreich waren sie durchaus
Nichtrichter und das königliche richterliche Siegelamt wurde
nur manchmal speciell übertragen. In Deutschland waren der Ge-
richts-actuarius und notarius durchaus getrennt.

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