12 Encyklopä-ie der Rechtswissenschaft.
nach Gajns darstellen, weil dieses der einzig sichere Anker
dieses Studii ist.
Die deutsche Geschichte in der juristischen Bedeutung, hat
bloß den Zweck, das öffentliche Recht unsrer Zeit, und die
Verbindung des römischen Rechts mit deutschen Gewohnheiten
zu zeigen.
Oft wird der Anfänger in dieser historischen Tiefe römi-
scher und deutscher Rechtsgelehrsamkeit bis zur Verzweiflung
gebracht: daher zeige man ihm frühzeitig, was der Zweck hi-
storischer Bildung ist, und wie im Privatrechte Alles darauf
hinausgeht, die Gesetze der Bildung des römischen Rechts und
die Anwendung desselben auf unsre Zeiten in Methode und
Sache zu erkennen.
§. 14.
Warum befehden sich Romanisten und Germanisten
besonders in der Praxis?
I. Vieles im römischen Rechte, und selbst im Gorpu«
juris, ist weder auf unsre Zeit anwendbar, noch wird es
selbst im Sinne der Römer gehörig verstanden. Wir haben
weder mehr den Prozeß unter den Prätoren, noch den seit
Diocletian und Maximian, aber nur wenn man beide
Prozesse versteht, kann man das römische Recht verstehen.
In Hinsicht auf Die materiellen Rechtssätze wird sich Niemand
nach dem römischen Rechte richten wollen, aber anerkennen
soll man, daß ein vollendetes System des Rechts nur bei den
Römern zu finden ist, und das Studium desselben eben die-
selbe Bedeutung hat, welche das Studium der alten Griechen
und Römer in Hinsicht auf allgemeine Bildung und Sprache
gewährt.
II. Die neueste Zeitgeschichte gibt das nächste Materiale
für unser Recht, und von dieser Seite aus, muß man Ger-
manist seyn. Nur dieser ist der wahre, lebenskluge und tüch-
tige Practiker, soweit es des juristischen Taktes gilt, aber in
der Analogie, im Systeme, in der juristischen Virtuosität
kömmt der Germanist zu Nichts, weil seine Wissenschaft ihm
nicht Methode und Zusammenhang der Begriffe gibt; daher
in der Art nur die Verbindung des Germanisten und Roma-
nisten den vollendeten und praktischen Mann unseres Lebens
macht.