Full text: Abhandlungen civilistischen und criminalistischen Inhalts (Bd. 5 (1844))

10.2. Von den Obligationen au porteur

MannichfalttgeS« M
II. Bon den Obligationen ad porteur.
Sowie das Geld als Münze einen Gegenstand der Vin-
dication wenigstens ausnahmsweise bildet, solange es speciali-
sirt und nicht mit anderm Gelde vermischt ist; so ist es auch
mit den Obligationen, die au porteur stehend, eine Repräsen-
tation des Geldes sind. Auch ist dies der Fall mit dem Pa-
piergelde, welches wohl finanziell und national-ökonomisch,
keineswegs aber juristisch einen Unterschied mit den Obligatio-
nen au porteur darbietet« Soviel aber steht fest, daß, wenn
der Schuldner denjenigen, welcher die Obligation überbringi,
bezahlt hat, er liberirt wird, selbst wenn der Ueberbringer ein
Dieb ist, soferne Nür dem Zahlenden kein dolus vorgeworfen
werden kann. Wenn aber die Zahlung nicht geschehen ist, so
kann nach den Ansichten Vieler die Äindicatiön der Obligation
nur dann stattfinden, wenn dieselbe gestohlen ist. Das Wort
Stehlen ist natürlich im deutschen Rechtssinne zu gebrauchen,
denn daß jemand durch Betrug und Untreue die Obligation
erlangt hat, ändert Nichts, weil sonst die ganze Natur der
obligatio au porteur zerstört wird. Daß aber auch die bo-
nae fidei possessor einer gestohlnen Obligation derVindica-
tivn unterworfen ist, soll nicht geläugnet werden, theilö weil
hieher der deutsche Grundsatz der Bindication beweglicher Sa-
chen paßt'), theils weil auch die Analogie der aetio quod
metus causa als eine actio in rem scripta gebraucht wer-
den kann, zumal in Deutschland das Stehlen dieselbe politische
Bedeutung hat, wie bei den Römern die gewaltsame Eigen-
macht in ihren republieanisch politischen Stürmen. Daß aber
die Bindication nicht im Allgemeinen bei Obligationen au por-
teur stattfinden kattn, wäre vorerst zu beweisen. Wenn z. B.
Jemand eine solche obligatio pfandweise hinterlegt hat, und
der Empfänger sie veräußert, so ist sie nicht zu vindiciren,
weil der dritte gute Besitzer durch die Natur der obligatio
gedeckt und ein Diebstahl nicht da ist. Nach römischem Rechte
sollte mau auch hier eine vindicatio annehmen, zumal wenig-
stens bei den Obligationen au porteur schon die Nummer eine
eigne Akt der Speeialisirung ausdrücktr allein eben diese Num-

t) Dunk er in der Zeitschrift für deutsches Stecht von Stey-
fcher und Wilda Hl Bd. ©< 49.
Ross-trt, Zeitschrift. Bd. V. Heft 1.

7

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer