Full text: Staatswissenschaftliche und juristische Litteratur (Jg. 2, Bd. 2 (1795))

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Schrift um so mehr ausgesetzt, da er seine Reise im Jahr 
1779 gemacht, und seine Bemerkungen erst im Jahr 1795 
herausgegeben hat! — Ist denn in einem Zeitraum von sech¬ 
zehn Jahren, dem Verf., über die Schweitz und Italien 
gar nichts zu Gesichte gekommen, das ihn hätte bewegen kön¬ 
nen, seine litterairische Metamorphose, d. h. die Verwand¬ 
lung seiner mündlichen Erzählung in eine gedruckte Schrift, 
lieber nicht vorzunehmen? .. . . Zudem hätte der Verfasser 
auch nicht so ganz daran vergessen sollen, daß der große 
Kreiß, das Publikum, nicht mehr der enge Zirkel vertrau¬ 
ter Freunde ist." Daher nimmt auch jenes nicht so leicht wie 
dieser vorlieb. Und daher ist der gar zu vertrauliche Ton, 
zwischen Freund und Freund, nicht der schickliche Ton 
zwischen Autor und Publikum. — 
Der Verf. hat auch seine Reise gar zu schnell gemacht, 
und hat sich in den vorzüglichsten Städten zu kurz verweilt, 
um im Stande zu seyn, etwas Wichtiges darüber sagen zu 
können. Man höre hierüber den Verf. selbst: „Unsere Reise 
geschah mit möglichster Schnelligkeit, und wir machten in der 
langen Strecke, von der Gränze Schlesiens bis nach Schaf¬ 
hausen, nur wenige, kurze Ruhepunkte, so, daß ich von den 
Oertern die wir berührten, fast nichts als die Nahmen anfüh¬ 
ten kann. (!) Indessen erzählt uns doch Hr. B. daß er in 
Ulm den hohen Thurm am dortigen Münster bestiegen, daß er 
die Braut eines Herrn Müller (?) besucht, und mit ein¬ 
brechendem Abende, bey Mondenschein, nach Stuttgard ge¬ 
fahren ist. — 
So erfahren wir auch, daß der Verfasser 
in Bahlingen mit dem Posthalter, wegen eines Pferdes daß 
man ihn mehr aufbürden wollte, einen Zwist hatte, und das 
während dieses Haders, der vor dem Posthause vorfiel, ein 
Leichenbegängniß vorbey kam, dem eine Menge treuherziger 
Gesichter paarweise folgten, und die dabey das Lied sangen: 
„Was Gott thut, das ist wohl gethan!" 
S. 28 er= 
zählt uns der Verf., daß er von einer so äußerst heimgezoge¬ 
nen Dispbsition sey, daß ihn, da er kaum in Schafhausen 
angelangt war, „ein Heimweh befiel. 
Er gerieth darübe| | 
in eine widrige Unruhe; bis eine innere, tröstende Stimme 
Ce 2 
ihm 
EBERHARD KARIS 
Max-Planck-Institut für 
UNIVERSITAT 
europäische Rechtsgeschichte 
DFG 
TÜBINGEN
	        
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