Full text: Staatswissenschaftliche und juristische Litteratur (Jg. 2, Bd. 2 (1795))

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reinen Vernunft, aus praktischen Ideen. Rez. wundert sich, 
daß Hr. H. die Ableitung der Nothwendigkeit des Staats aus 
bloßer Vernunft (S. 45) zu bezweifeln scheint, da es doch 
keine andre Quelle unbedingter (denn bedingte wird hier 
doch hoffentlich nicht gemeint?) Nothwendigkeit gibt und die 
Ableitung des Satzes, daß ein Staat seyn solle, aus dieser 
Quelle so leicht ist. Nehmlich: aus dem Gesetze der prak¬ 
tischen Vernunft, daß das Recht seyn solle Alles in Allem und 
daß der Gerechtigkeit die Souverainität über die Welt gebühre, 
ergibt sich das Gebot, welches für alle und jede gilt: die Will= 
kühr (der Privatwille) der Einzelnen soll sich der Herrschaft 
des Rechts und der Gerechtigkeit (dem allgemeinen Willen) 
unterordnen. Aus dieser Idee der Einigung der Willkühr Al¬ 
ler unter der Fahne des Rechts und der Gerechtigkeit fließt das 
Ideal eines Menschenverhältnisses, in welchem die Willkühr 
eines Jeden so weit eingeschränkt ist, das Allen ihr Recht wie¬ 
derfährt, d. i. das Ideal eines Staates. Wahrlich! Rez. 
sieht nicht ein, was man zur Deduction des Staats und sei= 
ner praktischen Realität weiter bedürfe, als eine systematische 
Ausführung dieser, hier nur kurz angedeuteten, Ideen. Lasse 
man doch die Metapolitik da, wohin ihr Nahme schon sie 
weißt, bey der Politik. Hier ist sie zweckmäßig. Denn 
die Politik im strengen Sinne, d. i. die Wissenschaft der Mit= 
tel zum Staatszweck geht sehr richtig von dem Satze aus, daß 
der Staat ein sehr heilsames, mithin räthliches Institut für 
den Menschen auf Erden sey. Und dieses, die Heilsamkeit 
und Räthlichkeit des Staates, aber auch nur dieses kann aus 
den Sätzen, welche man neuerlich unter dem Nahmen Meta¬ 
politik zusammengestellt hat, bewiesen werden. 
Rez. wünscht aus Gründen, welche sich von selbst verste¬ 
hen, vor der Anzeige und Kritik der staatsrechtlichen Lehre 
selbst das ganze System des Hrn. Verf. übersehen zu können 
und behält daher die Prüfung der Theorie der Staatsgrundver= 
träge der Rezension des zweyten und letzten Theils dieser Schrift 
vor. Nur zwey Bemerkungen, deren eine diese Schrift, die 
andre die Wissenschaft, welcher jene gewidmet ist, betrifft, 
mögen diese Rezension schließen. 
1) Das 
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INIVERSIT 
— 
Max-Planck-Institut für 
UNIVERSITÄ 
europäische Rechtsgeschichte 
TÜBING
	        
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