Full text: Hitzig's Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechtspflege (N.F. Bd. 7 = [3.F.] Bd. 37 = Jg. 1846, Bd. 4 (1846))

A. I. Ueber den Charakter des Besserungsprinzips. 
lichkeit Anstalten, aus denen gefallene Brüder mit gebessertem 
Willen in die Gesellschaft zurücktreten. 
Und doch — so harten Kampf hat überall das Gute zu 
bestehen — ungeachtet so mancher günstigen Erscheinungen ver¬ 
mochte das Besserungsprinzip noch nicht, sich allgemeine Gel¬ 
tung zu verschaffen; noch gar Viele lächeln ungläubig über die 
Erfahrungsberichte von fern und nahe, und auf dem Gebiete 
der Wissenschaft haben sich Zweifel erhoben über den rechtlichen 
Charakter dieses Prinzips, welchem, wenn es möglich wäre, 
von gewisser Seite noch immer der Eintritt auf den Rechtsboden 
verwehrt werden möchte. 
Betrachtet man nun den Charakter des Besserungsprinzips wis¬ 
senschaftlich, so fallen hauptsächlich zwei noch nicht ganz beleuchtete 
Punkte in den Gesichtskreis: die Bedeutung des Prinzips, 
und seine Geltendmachung. 
Die Bedeutung eines Prinzips besteht in dem innern 
Werthe, den es, vermöge seiner Eigenschaften, in Beziehung 
auf gewisse Verhältnisse besitzt. Sind die Eigenschaften von 
entscheidendem Einflusse, so hat das Prinzip eine wesentliche 
Bedeutung; sind die Eigenschaften zweifelhafter Natur, oder 
stehen sie gewichtigeren Beziehungen auf den Gegenstand nach 
o ist die Bedeutung eine untergeordnete. 
Wenden wir diese Begriffsbestimmung auf das Prinzip der 
Besserung selbst an, so ergibt sich zuvörderst, daß dasselbe als 
ein Postulat der reinen Vernunft betrachtet werden könnte, 
indem es wirklich mit dem a priori gewissen Vernunftgesetze 
nothwendig und unzertrennlich verbunden ist. Da dasselbe je¬ 
doch Willensbestimmungen enthält, die für sinnlich ver¬ 
nünftige Wesen Gültigkeit haben, so wollen wir es als einen 
vollkommen praktischen Grundsatz behandeln, daher von die¬ 
sem Gesichtspunkte aus seinen Begriff festzustellen suchen, und 
seine Bedeutung nach ihrer comparativen Allgemeinheit 
zu begründen und nachzuweisen uns bestreben. 
Diese Auffassung führt uns zuerst zur Erforschung des Ur¬ 
sprungs dieses gehaltreichen Prinzips. 
Es ist bekannt, daß Platon's weise Vorschläge zu Staats¬ 
einrichtungen die sittliche Erziehung der Bürger, und die Be¬ 
festigung der Vernunft-Herrschaft über die sinnlichen Begierden 
der Menschen zu ihrem Endzwecke hatten. Galt es diesen gro¬ 
ßen Zweck unter der Herrschaft seiner Gesatze für freie und gute 
Max-Planck-Institut für 
europäische Rechtsgeschichte
	        
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