Full text: Hitzig's Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechtspflege (N.F. Bd. 30 = [3.F.] Bd. 60 = Jg. 1852, Bd. 3 (1852))

B. X. Anna Maria Keyrleber. 
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Zeit um Ausantwortung des Kindes an den Bürgermeister zu 
Großglogau wendet, sagt ihm dieser rund heraus: wenn das 
Sacrament der Firmung nicht entweiht werden solle, könne ihm 
das Kind nicht ausgefolgt und zur Erziehung in der lutherischen 
Confession übergeben werden, — „wird also hiermit der erste 
plagiarius“, wie der Verfasser bemerkt. 
Der Vater geht vom geraden Weg zum krummen über: er 
sinnt auf Entführung des Kindes. Das Mittel, das er wählt, 
ist originell genug. Er baut beim Zimmermann Starke in 
Bautzen, wo er wohnte, eigenhändig ein „Gehäus, welches 1) als 
ein Vogelbauer und dann 2) als ein Caröthlein verstellet wer¬ 
den könnte". Dies, in künstlicher Weise verschlossen, befestigte 
er auf einem Schubkarren. Er sucht nun zwei Männer zu 
dingen, welche ihm das seltsame Fuhrwerk nach Glogau schaffen 
sollen, wo er bei dem lutherischen Pfarrer, M. Klapperbein, 
außerhalb der Stadt, sich geheim aufzuhalten gedachte. Aber 
es will kein Mann aus Furcht vor Werbern darzu sich ver¬ 
stehen, und der Pfarrer in Glogau schlägt ihm die Bitte um 
Aufenthalt aus Besorgniß vor anderen Unannehmlichkeiten ab. 
Da dingt der besorgte Vater etliche Weiber, den Karren we¬ 
nigstens zu einem Bauer in Prust, 1 Stunden von Großglogau, 
zu fahren. Mit vieler Mühe gelingt es ihm, eines der Weiber 
und dann den Bauer dazu zu bestimmen und zu beschwichtigen. 
An die Pflegemutter des Kindes aber in Glogau schreibt er, er 
wolle hinkommen, um ihr 100 Thlr. Erbtheil von des Kindes 
Großmutter zu dessen einstiger Aussteuer zu übergeben, werde 
sich aber nur kurze Zeit aufhalten, da er in Schlichtigheim etwas 
drucken lassen wolle. Die Entführung selbst gedachte er an 
einem Sonntag früh, unter dem Kirchgehen, zu bewerkstelligen. 
In Glogau angelangt, wird er hieran durch schlechte Witterung 
und andere Zwischenfälle gestört. Dagegen benutzt er den 
Umstand, daß ihn ein Landsmann daselbst am Sonntag zu Tisch 
gebeten, um das Kind von der Pflegemutter sich zur Gesellschaft 
dabei zu erbitten. Gleich nach Tisch führt er das Kind, unter 
dem Vorwand auf dem Gottesacker zu der Mutter Grab zu 
gehen, zum Thor hinaus und um die Stadt herum zu dem ent¬ 
gegengesetzten Thore, wo das Weib, das er aus Sachsen zum 
Fahren des Karrens mitgenommen, ihrer wartet. So kommen 
sie nach dem Dorfe Prust und nun wird das Kind in den 
„Vogelbauer" gesetzt und die Reise angetreten. Sie geht be¬ 
olage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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