54 A. II. Criminalrechtsf. rc., mitg. v. Hrn. Adv. Bopp in Darmst.
Beinahe ein Jahr später, am 17. Juni v. J., richtete Berk eine
anonyme Anzeige gegen die Bern an die Kurfürstliche Polizeidirection
in Hanau. Hinsichtlich der Wahrheit oder Unwahrheit der darin
enthaltenen Anklagepunkte hat die Untersuchung folgendes er¬
geben:
Erster Punkt: Daß die Bern vom Monat März 1841 an „als
eine qualificirte Concubinen-Dirne mit vorsätzlich verheimlichter
Schwangerschaft bis Ende Juni incognito sich dahier" aufgehal¬
ten. Berk giebt an, Johann Hergen habe ihn zur Aufnahme der
Bern in seinem Hause unter dem Vorwande vermocht, daß sie sich
mit seiner Nichte nicht vertrage und er sie nur auf so lange aus
dem Hause haben wolle, bis die Nichte nicht mehr bei ihm sei; er
gibt indessen so viel nach, daß er schon zu der Zeit, wo er den
Brief vom 30. März 1841 erhielt, den schwangern Zustand des
Mädchens gekannt habe. Hergen behauptet, er habe ihm diesen
Zustand bei der Aufforderung zur Aufnahme entdeckt. Die Bern
behauptet ebenfalls, daß dem Berk als einziger Grund derselben
ihre Schwangerschaft angegeben worden sei. Dieser sucht seine
Angabe, die Bern habe ihre Schwangerschaft vorsätzlich verheim¬
licht, dadurch zu rechtfertigen, daß er sagt, er müsse es eine Ver¬
heimlichung der Schwangerschaft nennen, wenn bei einer solchen,
die nur ihm und seiner Ehefrau bekannt sei, ihnen zugemuthet werde,
sie zu verheimlichen.
Zweiter Punkt, daß sich die Bern, sobald man ihre Schwan¬
gerschaft wahrgenommen, schleunig davon gemacht, nach einem
Monat wieder in Offenbach mit scheinbaren Merkmalen einer
Kindbetterin ohne Kind aufgetreten und, darüber befragt, aus
Furcht eines scheinbar schuldigen Verbrechens sich abermals ent¬
fernt habe, worauf, ungeachtet aller Nachforschungen, ihr Aufent¬
halt und was mit ihrem Kind geschehen, unbekannt geblieben sei.
Da Berk einräumt, er habe die Bern selbst auf die Eisenbahn nach
Mainz gebracht, so hat er den Ausdruck: „schleunig davon gemacht,
nur damit zu rechtfertigen versucht, er verstehe darunter nur das
daß sie alsbald fortgegangen, indem ihr kein längerer Aufenthalt
gestattet worden. Gegenüber dem Ausdruck: „mit scheinbaren
Merkmalen einer Kindbetterin ohne Kind" hilft er, da er seine
Kenntniß von der Niederkunft und dem Hieherbringen ihres Kin¬
des bereits nachgegeben, sich damit, daß er einen Schreibfehler un¬
terstellt und behauptet, er habe sagen wollen: „als eine Kindbette¬
rin ohne Kind." Hinsichtlich der weiteren Stelle hat Berk sich
ge
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