Full text: Archiv merkwürdiger Rechtsfälle und Entscheidungen der rheinhessischen Gerichte, mit vergleichender Berücksichtigung der Jurisprudenz von Frankreich, Rheinbaiern und Rheinpreußen (Bd. 2 (1830))

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ein aggravirender Umstand sich erst aus den Debatten in 
der Audienz ergibt, daß aber Defort darauf, daß er in 
einem Hause gestohlen, wohin er seinen Dienstherrn be¬ 
gleitet hatte, und also jedenfalls wenigstens einen Haus¬ 
diebstahl begangen habe, in dem Anklage-Akt nicht ange¬ 
klagt ist; 
Daß aber eben dieser Umstand auch keineswegs eine 
erst aus den Debatten in der Audienz sich ergeben habende 
circonstance war, indem schon das Kreisgericht in seiner 
Anklagkammer den Diebstahl also qualificirt und auch 
das Obergericht die Errichtung eines Anklagaktes auf 
solche Qualificationen verordnet gehabt, dieselbe aber 
nur von dem dortigen Generaladvokaten weder in seinen 
Conclusionen d. d. 30ten März 1819, noch in seinem 
Ankagakte acceptirt worden war, daß aber der Assisen¬ 
präsident neben der der Anklage entsprechenden Frage, 
auch die Frage gestellt, ob der Angeklagte nicht wenig¬ 
stens einen Hausdiebstahl begangen habe; — daß also 
diese Frage nicht gültig gestellt werden konnte, und die 
Stellung derselben nichtig war; 
2 Daß aber diese Nichtigkeit ohne practische Folge ge¬ 
blieben, indem die Geschwornen — sei es aus welchem 
Grunde es wolle — auf diese Frage gar keine Antwort 
zu geben für gut fanden, dagegen die erste gesetzmäßig 
gestellte Hauptfrage bejaht haben, welche Bejahung der 
erkannten Strafe schon als hinlängliche Stütze dient; 
Daß ebenso die Nichtigkeit, welche aus der Nichtbe¬ 
antwortung einer den Geschwornen gestellten Frage etwa 
bergeleitet werden wollte, hinwiederum dadurch ohne 
practische Folge bleibt, weil die Frage, auf welche sie 
eine Antwort versagten, eigentlich gar nicht hätte gestellt 
werden sollen, und als nicht existirend zu betrachten war 
In Erwägung, daß auf die erste keinem Tadel unter= 
worfene Frage die Geschwornen tadellos bejahet haben, 
daß Defort in einem Wirthshause, woselbst er als Gast 
aufgenommen war, gestohlen habe, — daß dieses Ver= 
brechen mit der Strafe der Reclusion auf 5 — 10 Jahre 
zu belegen war, und auch mit 6 Jahre wirklich belegt 
worden ist; daß auch die übrigen Folgen solcher Bestrafung 
richtig ausgesprochen worden sind. 
A. d. G. 
das Cassationsgesuch, als durch keinen Mangel von 
practischer Folge begründet, zu verwerfen. 
Max-Planck-Institut für 
europäische Rechtsgeschichte 
DFG
	        
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