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Während der Vater des Bescholtenen die Sache beim Amte
Bedauern müssen wir, daß die Hoffnung des Herren
anhängig macht, fordert dieser selbst seinen Beleidiger durch
Verfassers der Nachschrift, die Facultät werde sich vor dem
zwei gute Männer auf, mit ihm auf den Itzstedter See zu
wissenschaftlichen Publicum rechtfertigen, bis jetzt nicht in
kommen. Dieser nimmt die Ausforderung an, und es wird
Erfüllung gegangen ist; versichern können wir ihn, daß das be¬
verabredet, daß man am folgenden Tage um 11 Uhr beim
sprochene „Präjudiz" mit diesem Worte in einem von
See seyn, und jeder den andern binden und halten wolle.
der Philosophischen Facultät an Hr. Dr. G. ergangenen Er¬
Am angeraumten Tage ist der Geforderte wohl mit funfzig
lasse vom 17ten April 1827 wirklich ausgesprochen ist.
Mann beim See; allein wie der Ausforderer mit seinem An¬
An eine andere Facultät hat Hr. Dr. G., eingeschüchtert
hang erscheint, will jener nicht daran, sondern gibt vor, er
durch das in W. gegen ihn beobachtete Verfahren, sich noch
habe zu den guten Männern gesagt: er wolle zum See kom¬
nicht gewendet, und eben so, niedergebeugt und Gerechtigkeit
men, aber nicht auf den See, was auch die Obrigkeit ver¬
zu finden fast verzweifelnd, neuerdings Abhülfe seiner Be¬
boten habe. Die guten Männer riethen nun den Beschimpf¬
schwerde auf dem administrativen Wege nicht versucht. Mög¬
ten, weil sein Beleidiger nicht mit zu Wasser wolle, so solle
ten doch die beiden Beisitzer des academischen Senats von
er auch davon bleiben. Die übrigen Anwesenden aber, so
der Juristen Facultät, deren vorzügliche Pflicht es ist, für
wie der Vater und die Frau des Beschimpften riethen ihn,
Recht zu streiten, ex officio den Antrag auf gerechte end¬
auch allein zu Wasser zu gehen, um ein für allemal aus
liche Beilegung dieser Sache bei dem Senate stellen, oder,
dem Gerede zu kommen. Vater und Frau legten nun die
wenn sie wegen obwaltender besonderer Verhältnisse dies zu
Hände an ihn und bringen ihn aufs Wasser, an einer Stelle,
thun unterlassen sollten, das K. StaatsMinisterium des In¬
wo es nicht allzutief war. Dieses geschah zu dreien Malen.—
nern, das in der neusten Zeit in Bezug auf die Verhält¬
Später deshalb vor das Amt gefordert, ward ihm vorgehal¬
nisse der Würzburger Universität mehrere glänzende Beweise
ten, wie die Rede ginge, daß er geschwommen habe. Allein
von Schützung des Rechtes gegen Kabalen und Intriguen
Inquisit wollte davon nichts wissen, und erklärte sich bereit,
gegeben hat, die geeignete Ordonnanz an die philosophische
auf der Obrigkeit Befehl, die Probe noch einmal auszustehen.
Facultät Motu proprio erlassen. Referent würde sich sehr
Es sey, berichtet er, wie er wieder zu Lande gekommen
freuen, solch einen Act der Gerechtigkeit zur gebührenden An¬
der Injuriant mit allen Leuten weg gewesen, außer wenigen
erkennung veröffentlichen zu können.
von seinen Nachbaren; was gewiß nicht geschehen wäre,
wenn es nicht alles in Ordnung gewesen. Auch habe sein
Nachbar Hans Schnack sie gefragt, ob sie was zu sagen
hätten, und ob nicht alles so zugegangen und beschaffen,
Ein Beitrag zur Kenntniß des Ordalien Wesens
wie es seyn solle; sie hätten aber ganz stille geschwiegen und
in Deutschland.
wären so davon gegangen. — Auch zwei vom Amte abge¬
Ein altes Holkeinisches AmtsProtocoll vom Jahre 1706 enthät fol¬
hörte Zeugen aus Itzstedt geben an: man könne nicht sagen,
gende Erzählung:
daß Inquisit geflossen oder geschwommen habe; die Fremden
hätten auch gerufen, sie sollten ihn aus dem Wasser ziehen,
und wären darauf, ohne mit den Itzstedtern weiter ein Wort
Johann Kabel, Hufner zu Itstedt, stand im Gerede,
zu verhandeln, abgezogen. —
ein Weerwolf zu seyn. Unter andern ward er von Hans
Kabel aus der Nahe, einem benachbarten Dorfe, wiederholt
für einen Heren=Weerwolf, Ausbeisser und dergl. geschimpft.
Göttingen, in der Expedition der allgemeinen juristischen Zeitung.
Staatsbibliothek
Max-Planck-Institut für