220
sache und Wirkung als eine gleichgültige Erscheinung vor¬
und Beruhigung der Betheiligten, bietet die Mittheilung der
über geht, und auffallende Ereignisse von ihm als etwas
Zweifels= und Entscheidungsgründe auch noch andere Vortheile
Uebernatürliches betrachtet werden, strebt der sinnige Denker
den natürlichen Zusammenhang zwischen Ursache und Wir¬
opferungen erwägt, welche auf deren Realisirung verwendet
kung aufzufinden, um durch das Resultat seiner Forschun¬
werden, und deren ganzer Druck erst dann recht schmerzlich
fühlbar wird, wenn die durch das Schwanken und das Unsichere
gen das unbehagliche Gefühl der Nichtbefriedigung zu unter¬
des endlichen Ausgangs des ganzen ProceßSpiels aufgeregten
drücken. Auf ähnliche Weise verhält es sich mit der Auf¬
Elemente der Leidenschaft endlich zum Schweigen gebracht wor
fassung rationeller Wahrheiten. Jener begnügt sich um so
den sind. Daß die Rechtspflege ganz unentgeldlich gewährt
eher mit der nackten Darlegung und Auffassung derselben, je
werde, ist kaum zu erwarten, die deshalbigen Anstalten erfor¬
weniger ihm seine Verhältnisse verstatten, auch ihre Gründe
dern einen bedeutenden Aufwand, auch ist die Aussicht auf
kennen zu lernen, während wieder der Mensch von höherer
Erwerb nicht ohne Einfluß auf die Thätigkeit der Richter und
der Beistände. Inconsequent ist und bleibt es aber, wenn der
Bildung auch die letzteren aufsucht. Wo aber die Gründe
erforderliche Aufwand nicht ebensowohl auf die StaatsCasse über¬
menschlicher Erkenntnisse und Aussprüche die heiligsten Inter¬
nommen wird, als solches bei andern Einrichtungen der Staats¬
essen betreffen, wo von letzteren Ehre, Leben und Vermö¬
verwaltung, nicht blos der Präventiv-Justiz oder RechtsPoli¬
gen der Betheiligten und ihrer Angehörigen abhängt, da
zey, sondern auch bei den gegen schädliche Einflüsse der Natur
verschwindet jener Unterschied völlig; hier ist auch der Unge¬
gerichteten oder auf Beförderung des physischen und psychischen
bildetere von dem sehnlichsten Wunsche beseelt, die Gründe
Wohls abzweckenden Anstalten der Fall ist. Gerichte sind keine
dem geistigen und leiblichen Vergnügen gewidmete, den Reiz
eines solchen Ausspruchs zu erfahren, denn die Selbstliebe
des Lebens verschönerende Institute, der Gang zu ihnen ist ein
und die Liebe zu den Seinigen ist schon in der thierischen
ernster Gang, an welchem Gesundheit, Leben, Ehre, Vermö¬
Natur des Menschen begründet, und, das Gefühl für Recht
gen und Familienglück geknüpft sind. Sie sind zugleich nothwen¬
und Wahrheit trägt auch der gemeine Mann in seiner Brust.
dig, denn der Staat ist verpflichtet, alle wohlerworbenen Rechte
Er wird daher den natürlichen Drang nach völliger Aufklä¬
Aller zu schützen. Auch gibt es nur wenige Menschen, welche
rung über das, was ihn so nahe angeht, zu befriedigen und
ihrer Beihülfe nie bedurft haben. Dennoch ist es nicht unbil¬
lig, wenn eine geringe Abgabe für den besonders in Anspruch
aus einer vollständigen Kenntniß der Entscheidungsgründe
genommenen Staatsschutz geleistet und dabei nur der Mißbrauch
Beruhigung wegen eines zu seinem Nachtheile ergangenen
mit drückenden ProceßKosten belegt wird. Das Einkommen
Ausspruchs zu schöpfen suchen. Daß ihm diese Kenntniß
könnte dann zur Ermunterung des Gerichts und zur Belohnung
verschafft werde, ist daher billig, denn es wird dadurch ei¬
der Beistände nach deren Verdienst verwendet werden, ohne
nem in der menschlichen Natur derjenigen, welche die Hülfe
daß jedoch dieselben ihrer Subsistenz wegen auf jenen Erwerb
und den Schutz des Staates begehren, gegründeten Bedürf¬
hinzuweisen sind, weil alsdann ein ernstes Streben, Processe
nisse entsprochen. Es ist erfreulich, in neuerer Zeit, wie das
in ihrer Geburt zu ersticken, kaum erwartet werden kann.
Will man aber bei wenigen Procenten nicht stehen bleiben, so
Unschätzbare der Unabhängigkeit der Rechtspflege anerkannt,
sollte wenigstens, nachdem der Kostenbetrag einen Theil des
so auch das der Despotie eigenthümliche „stat pro ratione
Proceßobjects erreicht hat, dessen fernere Erlegung sistirt wer¬
voluntas" immer mehr aus den civilisirten Staaten und
den. Wo, wie J. Rey des institutions judiciaires de
deren Gerichten verdrängt zu sehen. Wenn der Schutzbe¬
l'Angleterre von einem im Jahre 1824 vorgekommenen Rechts¬
dürftige seine eigene Thatkraft dem gerichtlichen Verfahren
streite erzählt, von 5 Pfd. Sterling die Kosten 90 Pfd. betra¬
unterordnet, so muß ihm billig auch Ersatz werden für die
gen, da hebt die Anwendung des Mittels den Zweck selbst auf
und Richter und Advocaten sind nicht um der Rechtspflege,
Aufopferung, mit welcher er die Aeußerungen seines inneren
sondern um ihrer selbstwillen thätig. Auch dem Verfasser sind
Rechtsgefühls, als der reineren Quelle eigenmächtiger Thä¬
eine Menge ganz gleichartiger Streitsachen bekännt, in welchen,
tigkeit, beschränken muß*). Allein außer der Befriedigung
wiewohl das Object nur einen jährlichen Zins von 4 1/2 Albus,
mithin nur einige wenige Rthlr. an CapitalWerth aus¬
macht, in einem Incident Streite die Kosten nach den für
*) Wie mächtig dieses Gefühl für Recht und Gerechtigkeit auf die
100 — 500 Rthlr. geltenden Ansätzen bestimmt wurden. Auch
Entschließungen des Menschen auch noch da, wo er, auf den
die höheren Gerichte fanden sich zu einer deshalbigen Remedur
gewöhnlichen Rechtsgang hingewiesen, sich jeder Selbsthülfe ent¬
nicht bewogen, obgleich dieselben die Summe nicht für appella¬
hält, einwirke, erkennt man, wenn man die beträchtlichen auch
bel (über 50 Rthlr. an Werth,) erachteten. Verzehren hier
bei unbedeutenderen Ansprüchen gewöhnlich erforderlichen Auf¬
Staatsbibliothe
Max-Planck-Institut für