Full text: Allgemeine juristische Zeitung (Jg. 3 (1830))

z. B. das Zerhauen der Dingstöcke. Dieß bestätigen auch 
die Quellen. — Mit diesen Wörtern hängt auch die noch 
übliche Wardirung zusammen, die Wegnahme aus der 
Were, welches den Zusammenhang der Were und Herde 
noch mehr bestätigt *). 
C. 9. 
Ueber Vorlesung und Genehmigung der gericht¬ 
lichen Protocolle, insonderheit derjenigen, 
welthe nuncupative Testamente enthalten. 
Daß gerichtliche Protocolle, gleichviel: ob über Ange¬ 
legenheiten der s. g. Jurisdictio voluntaria oder litigiosa 
lautend, den Partheyen, deren Erklärungen sie enthalten, 
vorgelesen und von denselben genehmigt werden 
müssen; darüber sind, soviel ich weiß, die Processualisten 
des gemeinen Rechts einig, obgleich der Satz, so allgemein 
und unbedingt, in den Gesetzen (c. 11. X. 2. 19. de pro¬ 
bat. N. O. v. 1512 §. 13. V. A. v. 1713. §. 27) nicht 
enthalten seyn dürfte. Ueber die Folgen der Unterlas¬ 
sung aber ist man keinesweges so einig; doch haben wohl 
die Praktiker die Praelectio und Ratihabitio theils nicht 
für durchaus wesentlich, theils nicht für wichtig genug ge¬ 
halten, um aus deren Mangel eine Nullität herzuleiten. Auf 
allen Fall müsse die von Seiten des Protocollisten nachfol¬ 
gende eidliche Bestärkung des Inhalts des Protocolls 
aushelfen. — Bei der in Deutschland so sehr üblich ge¬ 
wordenen Form der TestamentsErrichtung, daß man nämlich 
vor Gericht oder vor einer Deputation des Gerichts seinen 
letzten Willen zu Protocoll gibt, kann es leicht zu der 
Frage kommen, ob die unterlassene Vorlesung oder nicht 
erfolgte Genehmigung des Protocolls das Testament un¬ 
gültig mache, oder ob auch hier jene eidliche Bestärkung 
ausreiche? 
In diesem Falle scheint die Nichtigkeit des Testa¬ 
ments, nach richtigen Grundsätzen, außer Zweifel zu seyn. 
Denn bei einem solchen Testamente ist wohl das Schrift¬ 
liche eben so wesentlich wie das Mündliche, und das 
Protocoll kann nicht bloß als beweisdienend betrachtet 
*) Vergl. m. Abhandl. in Falks Staatsbürgerlichen Magazine IX. 
die rechtlichen Wirkungen der vollstreckten Wardirung oder 
Pfändung. 
Max-Planck-Institut für 
119 
werden, indem, so lange die Vorlesung oder Genehmigung 
des Protocolls fehlt, der Testamentsact nicht vollendet 
scheint. Es kommt nicht bloß darauf an: was der Te¬ 
stirer vom Munde gegeben hat, sondern auch darauf: 
ob dieses zu Protocoll genommen ist, und letztes 
constirt nicht eher, als bis die Vorlesung und Genehmi¬ 
gung des Protocolls erfolgt ist. — Der vormalige Fabrik¬ 
Controlleur Tanner zu Herzberg erbat sich am 24. Jun. 
1820 eine Deputation des dasigen Königlich -Hannoverschen 
Amts zu Aufnahme seines letzten Willens. Der Amts¬ 
Assessor U. und der AmtsAuditor H. begaben sich sogleich 
zu dem Requirenten. In dem aufgenommenen Protocolle, 
welches die Erbeseinsetzung enthält, heißt es darauf: "Nach¬ 
dem dieses niedergeschrieben war und dem Testirer vorgelesen 
werden sollte, so richtete er sich zwar auf und schien zuzu¬ 
hören, allein es war nicht mehr möglich, die Ge¬ 
nehmigung desselben zu erhalten; indem er mit 
jedem Augenblicke schwächer wurde und während einer 
Stunde, welche wir an seinem Bette noch warteten, sich 
nicht wieder erholte." Das Bergamt zu C ... entschied 
durch Erkenntniß vom 19. Jul. 1828 für die Gültigkeit 
dieses Testaments. "Abgesehen von den Verfügungen der 
ProceßOrdnung vom 5. October 1827. §§. 26. 27. (wo¬ 
durch dem nicht vorgelesenen und nicht genehmigten Pro¬ 
tocolle die Kraft einer öffentlichen Urkunde entzogen wird), 
welche als späteres Gesetz hier nicht in Anwendung komme, 
sey die Vorlesung und Genehmigung gerichtlicher Protocolle 
als wesentliche Förmlichkeit weder in den gemeinen, noch in 
den früheren Hannoverschen Landesrechten ausdrücklich vor¬ 
geschrieben. Wenn gleich die unterbliebene Vorlesung und 
Genehmigung der Protocolle auf die Beweiskraft der letzten 
von Einfluß seyn könne, sobald die Richtigkeit derselben be¬ 
stritten werde; sey doch die Richtigkeit des am 24. Jun. 
1820 aufgenommenen Protocolls nicht bezweifelt worden. 
Sodann entspringe weder aus diesem Protocolle selbst eine 
Vermuthung, noch seyen Umstände angegeben, welche die 
Vermuthung begründen könnten, daß der letzte Wille des 
Testators in dem, was in dem Protocolle niedergeschrieben 
worden, nicht vollständig enthalten sey. Mithin vermöge der 
Mangel der ausdrücklichen Genehmigung des Protocolls durch 
den Testator das aufgerichtete Testament nicht zu ent¬ 
kräften." 
Die Justizcanzley zu G. erklärte jedoch durch Rescrip¬ 
tum de emendando vom 15. Jun. 1829 das Testament 
für nichtig.
	        
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