auch anderweitig ausgemittelt werden kann, z. B.
durch ein criminalistisch voll beweisendes Geständniß;
daß es mithin eine große Einseitigkeit ist, wenn man
bloß jenen Erkenntnißgrund berücksichtigt. — Auch
muß, in dieser letztgedachten Beziehung, nicht allein
darauf gesehen werden, wie nahe der Delinquent der
Vollendung wirklich gekommen ist, sondern aud
darauf, wie nahe er derselben gekommen zu seyn
glaubte; denn im letzten Falle liegt derselbe Grad
des Dolus vor, welcher angenommen werden müßte,
wenn der Thäter sich der Vollendung wirklich in dem
Maaße genähert hätte, wie er es sich einbildete.
Wer dem andern vermeintliches Gift in den
Kaffee schüttet, steht offenbar in subjectiver Hin¬
sicht Demjenigen iganz gleich, welcher wirkliches Gift
hinein mischte, obwohl Letzter der Vollendung ungleich
näher gekommen ist, als der Erste. Nur in objec¬
tiver Hinsicht, d. h. in Beziehung auf den etwa
gestifteten Schaden oder die in concreto begründete
Gefahr, würde der Zweite strafbarer seyn, als der
Erste. Dieser letzte Gesichtspunkt ist jedoch, wie schon
oben nachgewiesen worden, der minder einflußreiche,
keinesweges aber, wie einige Anhänger der Präven¬
tionstheorie 14) gethan haben, ganz unberücksichtigt
zu lassen; weßhalb sich denn auch nicht behaupten
läßt, das Delictum perfectum sey mit der Strafe des
consummirten Verbrechens zu belegen. Diese An¬
sicht ist eben so einseitig, und widerspricht ebensosehr
dem Geiste der Quellen des gemeinen Rechts, als die
entgegengesetzte Meinung, welche die objective
Seite des Conats ungebührlich hervorzieht.
Wendet man nun diese Grundsätze auf den Fall
an, daß Jemand einen Andern zur Begehung eines,
von Jenem beabsichtigten Verbrechens wirklich bestimmt,
nicht etwa bloß ohne Erfolg versucht 15) hat, selbigen
zu bestimmen; so muß
1, nach der richtigern Ansicht, wenn das Delict
wirklich consummirt ward, den Anstifter regelmäßig
dieselbe Strafe treffen, welche ihn würde getroffen ha¬
ben, wenn er selbst das Delict ausgeführt hätte 16).
14) Tittmann, Handb. B. 2. §. 98. Oersted, Grund¬
regeln, S. 163.
15) In diesem Falle beschränkt sich natürlich die ganze Beur¬
theilung zunächst auf den Ersten.
16) Wächter, a. a. O. B. 1. S. 149.
Max-Planck-Institut fü
2, Ist aber, ohne Zuthun des Anstifters
oder durch
der Angestiftete entweder durch Reue,
äußere Hindernisse (beide Fälle sind in Betreff des
Anstifters offenbar ganz gleich) von der Vollendung
des Delicts abgehalten worden: so hängt
a) in objectiver Hinsicht, d. h. in Hinsicht
auf Schaden und Gefahr, die Strafbarkeit des Anstif¬
ters von der größern oder geringern Thätigkeit,
welche der Angestiftete bereits entwickelt hat, allerdings
ab. Denn in dieser Hinsicht kommt es lediglich dar¬
auf an, ob und inwieweit Schade oder Gefahr wirk¬
lich schon gestiftet oder begründet war. Allein
b) in Beziehung auf den subjectiven Strafmaaßstab
hat es auf die Strafbarkeit des Anstifters nicht den gering¬
sten Einfluß, ob der Angestiftete bereits thätig ward, oder
nicht, und wie weit, im ersten Falle, dessen Thätigkeit sich
erstreckte. Denn der Dolus des Anstifters liegt ja in
dessen Gemüth, nicht in dem Gemüthe oder der
Thätigkeit des Angestifteten. Der Dolus des Ersten
hat sich durch die Anstiftung manifestirt; welcher Er¬
folg dieselbe hatte, ist, hinsichtlich des Anstifters,
subjectiv gleichgültig, als reiner Zufall anzusehen.
Wird denn die Mordabsicht dadurch gemindert oder
aufgehoben, daß der zu Vergiftende die vergiftete
Speise zufällig nicht genießt? —
Man kann daher den Grundsatz aufstellen: In
Beziehung auf die Strafbarkeit des Anstifters in sub¬
jectiver Rücksicht muß regelmäßig Dasjenige,
was zu begehen Jemand einem Andern anstiftete, als
ausgeführt betrachtet werden, selbst wenn es,
ohne (absichtliches) Zuthun des Anstifters,
nicht ausgeführt ward. — Ist dieser Grundsatz
richtig, so mögte sich weiter daraus folgern lassen,
daß, im letztgedachten Falle, soviel den subjectiven
Strafmaaßstab betrifft, der Anstifter regelmäßig 17) so
zu behandeln sey, als habe er selbst Dasjenige, was
er durch einen Andern ausführen lassen wollte, sofort
ausgeführt.
Diese Sätze klingen vielleicht neu, sind aber in¬
directer Weise schon längst von allen denen aufgestellt
und anerkannt worden, welche, (und zwar mit Recht)
17) In einzelnen Fällen mag allerdings das bloße Anstiften ge¬
ringere Festigkeit des Dolus verrathen, als die Ausführung
eines verbrecherischen Vorhabens in eigner Person.