Full text: Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechts-Pflege ([3.F.] Bd. 19 = Jg. 1842, Bd. 2 (1842))

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Ihm war maschinenmäßige Disciplin und das Getriebe mili¬ 
tairischer Subordination das höchste Princip — herausgerissen aus 
diesen Fugen suchte er — der ganz auf sich gewiesene, freund= und 
rathlose, dem ersehnten Vaterhause, nach den Entbehrungsschrecken 
einer sibirischen Gefangenschaft, von unerbittlicher Noth noch fern 
gehaltene Jüngling — in einem adäquaten Verhältniß den ge¬ 
wohnten Richt= und Haltpunkt, und überredete sich, diesen im 
Hingeben an den Willen Adelberts, des ihm durch Lebensalter und 
Sittenrohheit nah gebrachten Sohnes seines Herrn, gefunden zu 
haben. Für die moralische Schlechtigkeit des Ehebruchsverhältnisses, 
das diesen in bedrängende Verwickelungen brachte, hatte Isidor, der 
selbst entsittete Zögling des Kriegs und verwildernder Soldaten¬ 
zustände, keinen Begriff — in den Zornausbrüchen des beleidigten 
Ehemanns sah er nur die zu rächende Herausforderung eines 
lächerlichen elenden Hahnreihs, in dem Unwillen des Vaters über 
des Sohnes Ausschweifungen nur den Griesgram eines mürrischen 
Alten. Dagegen sagten ihm die Abentheuer und Conflicte Adelberts 
als Zeichen von Jugendkraft und rücksichtsloser Lebenslust zu — und 
um so leichter gab er sich nun ihm hin. Dabei war ihm das Zu¬ 
rückschaudern vor Menschenblut fremd, mithin die Verabredung und 
Ausführung einer That, wie die an dem schlafenden Schmied be¬ 
gangene, weniger schwer. Es ist, in Erwägung der natürliche 
menschliche Gefühle zurückstoßenden Eigenthümlichkeiten seiner Le¬ 
bensgeschichte, nicht unwahrscheinlich, daß seine Ansicht über die 
Strafbarkeit einer Tödtung außerhalb des Kriegs sich nicht sowohl 
auf die Ueberzeugung vom innern Unrecht derselben gründete, als 
vielmehr und vorzüglich auf die Meinung, es dabei nur mit einer 
Marotte des pedantischen, dem Militair ohnehin fatalen, unbe¬ 
quemen bürgerlichen Gesetzgebers zu thun zu haben. 
Isidor hatte nicht die geringste Veranlassung um seiner selbst 
willen den Schmied zu tödten — persönlich war der Ermordete 
ihm nicht verhaßt, ihm war für die Mitausführung des Mords 
nichts versprochen — kurz ihn bewog kein eigennütziges Motiv zur 
That. Sie war ihm, der wilde entsetzliche Scenen um ihrer selbst 
willen liebt, ein coup de main, der ihn, wegen der dabei zu üben¬ 
den Gewaltthätigkeit ganz besonders ansprach — er sah in ihr eine 
für ihn reizende Gelegenheit zur Darlegung vermeintlicher Bravour 
zur Begehung eines verwegenen Streichs. 
Seine Zurechnungsfähigkeit kam zwar in Frage — wurde 
aber bestätigt. Er kannte und scheute das Strafgesetz, er kannte 
Max-Planck-Institut für 
DFG 
europäische Rechtsgeschichte
	        
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