Full text: Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechts-Pflege ([3.F.] Bd. 16 = Jg. 1841, Bd. 3 (1841))

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ein physisches oder psychisches Hinderniß ganz, oder zum Theil 
aufgehoben war rc. 
Menschenmord ist eine, dem innern Gefühle, den nothwendi¬ 
gen Bedingungen des geselligen Lebens, und den ersten Grund¬ 
lehren der Religion und Sittenlehre so sehr entgegenstrebende 
Handlung, daß unter nur irgend civilisirten Nationen ihre Straf¬ 
barkeit Niemanden unbekannt sein kann, und daß sie dieß den 
Fischer'schen Eheleute gewesen, anzunehmen, würde nicht auf das 
entfernteste für möglich gehalten werden können, wenn auch nicht 
Beide selbst das Gegentheil versichert hätten. Aber nicht ebenso 
läßt sich behaupten, daß sie ihre That für einen Menschenmord 
erkannt haben, und daß sie im Augenblicke der Handlung einer 
solchen Erkenntniß fähig gewesen sind. 
Was zuerst die Fischerin anlangt, so macht das vorzüglichste 
Lob, welches Jedermann ihrer frühern Denkungsart und Hand¬ 
lungsweise beilegt, sowie das Fehlen auch der entferntesten Hin¬ 
deutung auf eine Feindschaft, welche sie gegen den Ermordeten, 
den sie wahrscheinlich kaum von Person kannte, etwa gehegt, oder 
auf irgend einen Vortheil, den sie durch dessen Tödtung bezweckt 
haben könnte, es auf der einen Seite ebenso unbegreiflich, wie der 
Vorsatz, Flohren zu tödten, bei ihr entstanden sein könne, als es 
auf der andern Seite undenkbar ist, daß man, nur bei einigem 
Bewußtsein, solche Handlungen, wie die Inculpatin gegen Floh¬ 
ren vornahm, begehen konnte, ohne die Absicht der Tödtung zu 
haben. Sie selbst hat im Laufe der Untersuchung beharrlich ver¬ 
sichert, daß sie nicht wisse, was sie zu dieser That veranlaßt habe. 
Allein die Acten geben hierüber genügende Auskunft. Unge¬ 
fähr Jahr und Tag vor jenem schrecklichen Ereignisse waren die 
Fischer'schen Eheleute in Verbindung mit dem bekannten Kloß ge¬ 
kommen, welcher religiöse Zusammenkünfte und Andachtsübungen 
zu veranstalten pflegte. Dieser Kloß, soviel man aus den jetzt 
vorliegenden Acten abnehmen kann, richtete seine Bemühungen 
vorzüglich dahin, bei seinen Schülern die sogenannte geistliche 
Traurigkeit hervorzubringen, sie von den Freuden und Genüssen 
dieses Lebens abzuziehen und zu unablässigen Religionsübungen 
anzufeuern, dabei erweckte er bei seinen Anhängern den Glauben 
an ein nahe bevorstehendes Weltgericht, an übernatürliche göttliche 
Eingebungen, deren er gewürdigt werde, und an die Möglichkeit, 
daß auch sie durch eifrige Befolgung seiner Lehren und unablässi¬ 
ges Streben zu einer unmittelbaren Gemeinschaft und Mittheilung 
Vorage 
Staatsbiblothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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