zur wirklichen Eydesabnahme schreiten, als bis eine
bestimmte Erklärung erfolgt ist, daß die Parthey,
welche schwören will, nach reiflicher Erwägung der
Wichtigkeit des Eydes und der obwaltenden Bedenken
überzeugt sey, daß der Eyd mit gutem Gewissen abge¬
leistet werden könne.
Vorhaltung bey gerichtlichen Eyden.
Jeder Eid, durch welchen eine rechtshängige
Sache entschieden wird, erfordert von Seiten des
Schwörenden die reiflichste Prüfung, ob er ohne Ver=
letzung seines Gewissens sich zur Ableistung entschließen
könne. Nur die innere Ueberzeugung von der Wahr¬
heit desjenigen, was beschworen werden soll, kann
ein rechtschaffenes Gemüth zu dem Entschluß bewegen,
einen gerichtlichen Eyd zu leisten. Vorsätzliche Lügen
sind schändlich, und Lügen vor Gericht sind unver=
zeihlich. Wer wissentlich etwas Unrichtiges eydlich
erhärtet, ist ein ruchloser Bösewicht, der wegen eines
solchen Frevels schon in dieser Welt durch die Marter
seines ihn strafenden Gewissens unaufhörlich gezüchtigt
wird. Ihn erwartet, auf den Fall der Entdeckung,
die allgemeine Verachtung, der Verlust seiner Ehre,
Aemter und Würden und harte Strafe der Obrigkeit.
Aber auch wenn in dieser Welt keine Entdeckung erfolgt,
wird er den göttlichen Zorn empfinden und früh oder
spät den verdienten Lohn empfangen, daß er es ge¬
wagt, Gott zum Zeugen einer Unrichtigkeit aufzu¬
rufen.
Max-Planck-Institut für
europäische Rechtsgeschichte
FG