Full text: Archiv des preußischen Rechts (Bd. 3 = St. 4 (1800))

zur wirklichen Eydesabnahme schreiten, als bis eine 
bestimmte Erklärung erfolgt ist, daß die Parthey, 
welche schwören will, nach reiflicher Erwägung der 
Wichtigkeit des Eydes und der obwaltenden Bedenken 
überzeugt sey, daß der Eyd mit gutem Gewissen abge¬ 
leistet werden könne. 
Vorhaltung bey gerichtlichen Eyden. 
Jeder Eid, durch welchen eine rechtshängige 
Sache entschieden wird, erfordert von Seiten des 
Schwörenden die reiflichste Prüfung, ob er ohne Ver= 
letzung seines Gewissens sich zur Ableistung entschließen 
könne. Nur die innere Ueberzeugung von der Wahr¬ 
heit desjenigen, was beschworen werden soll, kann 
ein rechtschaffenes Gemüth zu dem Entschluß bewegen, 
einen gerichtlichen Eyd zu leisten. Vorsätzliche Lügen 
sind schändlich, und Lügen vor Gericht sind unver= 
zeihlich. Wer wissentlich etwas Unrichtiges eydlich 
erhärtet, ist ein ruchloser Bösewicht, der wegen eines 
solchen Frevels schon in dieser Welt durch die Marter 
seines ihn strafenden Gewissens unaufhörlich gezüchtigt 
wird. Ihn erwartet, auf den Fall der Entdeckung, 
die allgemeine Verachtung, der Verlust seiner Ehre, 
Aemter und Würden und harte Strafe der Obrigkeit. 
Aber auch wenn in dieser Welt keine Entdeckung erfolgt, 
wird er den göttlichen Zorn empfinden und früh oder 
spät den verdienten Lohn empfangen, daß er es ge¬ 
wagt, Gott zum Zeugen einer Unrichtigkeit aufzu¬ 
rufen. 
Max-Planck-Institut für 
europäische Rechtsgeschichte 
FG
	        
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