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Kommentar über Beccar. Werk.
Als Richard der Zweite, der Mörder seiner bei¬
den Neffen, für den König von England anerkannt
worden war, so ließ der erste der Geschwornen den
Ritter Wilhelm Colinburne blos darum viertheilen,
weil er einem Freund des Grafen von Richemont, wel¬
cher eine Armee zusammenbrachte, und hernach unter
dem Namen Heinrich der Siebente regierte, geschrie¬
ben hatte. Man fand zwei Zeilen von seiner Hand,
welche bis zum Lächerlichen groß geschrieben waren.
Sie waren hinlänglich, diesen Ritter durch die
schrecklichste Todesstrafe hinzurichten. Aehnliche Bei¬
spiele ausgeübter Gerechtigkeit liefert die Geschichte
genug.
Das Recht, Repressalien zu gebrauchen, ist gleich¬
falls ein der Nation bekanntes, und von ihnen ange¬
nommenes Gesetz. Der Feind hat einen tapfern
Hauptmann, der sich auf den Ruinen eines kleinen
Schlosses gegen eine ganze Armee vertheidigte, auf¬
hängen lassen. Ein Hauptmann des Feindes fällt
dem Gegner in die Haͤnde. Er ist ein tugendhafter Mann.
der alle Achtung verdient. Er wird aber ohne Er¬
barmen gehängt.
Das Gesetz erlaubt diese Repre= | |
salien, sagt man.
Wenn sich also euer Feind ein Ver=
brechen zu Schulden kommen ließ, so müßt ihr ein
gleiches begehn?
Dergleichen Gesetze einer nach Blut dürstenden
Politik haben nur eine Zeitlang Bestand. Man sieht
es ihnen bald an, daß sie keine wahre Gesetze sind,
eben weil sie nicht immer dauren. Sie gleichen dem
Nöthfalle, in welchem man bei einer großen Hungers¬
noth
Vorage:
Max-Planck-Institut für
DFG
europä
chtsgeschichte