Kommentar über Beccar. Werk.
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Nichts wäre vernünftiger und billiger gewesen,
als ihn in eben das Haus zu bringen, in welchem
Simon Morin sich aufgehalten hatte. Sollte man es
aber wohl glauben, daß er bei dem Jesuiten Annat,
dem Beichtvater des Koͤniges, Gehöͤr fand? Er
uͤberredete ihn, daß dieser arme Simon Morin eine
Sekte stiftete, die beinahe so gefaͤhrlich sei, als der
Jansenismus, ward sein Ankläger, und bewirkte
bei dem Kriminallieutenant, daß sein ungluͤcklicher
Nebenbuhler in Verhaft genommen wurde. Sollte
man wohl glauben, daß Simon Morin lebendig ver¬
brannt wurde?
Als man ihn zur Gerichtsstätte führte, so fand
man in einem seiner Strümpfe ein Papier, worauf
er Gott um Verzeihung aller seiner Suͤnden bat. Das
hatte ihn billig retten sollen. Aber die Sentenz
ward bestätigt, und er ohne alle Barmherzigkeit
exekutirt.
Solche Begebenheiten müssen das größte Entsetzen
erregen. Wo ist wohl eine Provinz, in der man
nicht ähnliche Vorfälle gesehn hat? Daß doch die
Menschen vergessen, daß sie Bruͤder sind, und sich
bis auf den Tod verfolgen! Der einzige Trost bei die¬
sem allen ist der, daß diese fürchterliche Zeiten nicht
wieder kommen werden.
IX.
Vorage
Max-Planck-Institut für
DFG
europäische Rechtsgeschichte