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IV.
Das Denunciationsunwesen
neueren deutschen Gesetzgebungen.
Von
He p p.
§. 1.
Sollten wir, wie es den Anschein hat, eine volks¬
thümliche Strafjustiz gewinnen, so muß aus den bis¬
herigen Gesetzen, und wären sie vom jüngsten Datum,
Alles verschwinden, was das Volksbewußtseyn verletzt, vor
allen Dingen aber solche Bestimmungen, die, wenn sie
vermöge der öffentlichen Ausübung der Strafrechts¬
pflege in weiteren Kreisen sich verbreiten, die schlichte
Volksmoral zu verderben drohen. Denn wenn gleich un¬
sere in deutscher Sprache abgefaßten Strafgesetzgebungen
und Strafproceßordnungen nach der Absicht des Gesetz=
gebers nicht blos, oder auch nur ausschließlich, Jn=
structionen für den Richter, sondern zugleich, namentlich
vom Standpunkte des Abschreckungsprincipes, Volks=
bücher seyn sollen, so haben sie doch bisher (und man
darf sagen, Gottlob) diesen Zweck nicht erfüllt, und daher
ist dem Volke noch Vieles darin unbekannt geblieben, aus
welchem es eine grundschlechte Moral schöpfen, und sich
zum Nachtheil der öffentlichen Sitte aneignen könnte. Zu
Vorage
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