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Der Entwurf eines Strafgesetzbuchs
den sollte. Die im Entwurf aufgenommene Definition
kann eher den Richter irre führen, insbesondere in sofern
er dadurch den Dolus nicht gehörig von der Culpa zu tren=
nen veranlaßt wird, z. B. bei Handlungen, welche aus
Muthwillen geschehen, wo oft Dolus und Fahrlässigkeit
auf schmaler Gränze liegt; auch müßte man nach der obi¬
gen Definition oft Dolus annehmen, wo er nicht da ist,
z. B. wo der Handelnde die Eigenschaft oder das Merk=
mal, wodurch die Thatsache ein Verbrechen ist, nicht
kennt; er weiß z. B. nicht, daß die Person, mit der er
Beischlaf vollzieht, seine Verwandte ist; den Willen Bei=
schlaf zu verüben hat er allerdings, aber nicht den zum
Daseyn der Blutschande gehörigen Dolus. Schwierig
möchte es auch seyn, die im Affect verübte Handlung unter
den aufgestellten Begriff des Dolus zu stellen, und dennoch
muß sie, z. B. der Todtschlag, auch darunter gestellt
werden. — Besonders ausführlich sind die Kapitel von den
Strafarten. Nach art. 9. haben alle Strafen der Ver=
brechen (im engeren Sinne) Ehrloserklärung zur Folge;
dahin gehören 1) Todesstrafe (sie wird dadurch vollzogen,
daß die Verurtheilten beider Geschlechter auf dem Schaf=
fot an dem Galgen mit dem Strick befestigt und eine Klappe
unter ihren Füßen weggezogen wird). Geschärfte Todes¬
strafen finden nicht mehr Statt (15.). Die Leiche des
Hingerichteten wird den Angehörigen desselben auf ihr Be¬
gehren zur stillen Beerdigung zurückgegeben (16.). 2) Die
Zwangsarbeitstrafe nach vorgängiger Ausstellung auf dem
Schaffot unter dem Galgen, durch den Scharfrichter, so
daß der Verurtheilte mit dem Stricke am Galgen befestigt
wird (17.), oder durch die völlige Ehrloserklärung, so
daß der Verurtheilte nur an den Pfahl angebunden wird.
Diese Ausstellung geschieht mindestens eine Viertelstunde,
höchstens eine volle Stunde. Das richterliche Urtheil be¬
stimmt die Zeit (19.20.). Die Strafe der Zwangsarbeit
Votge
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