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Ueber den neuesten Zustand
hängt *), theils bei den Bestimmungen über Zurechnung
den Kreis der Gründe, welche von Zurechnung befreien,
nicht zu eng oder zu weit zu ziehen. Nicht weniger be¬
darf der Richter bei Anwendung der Strafgesetze auf ein=
zelne Fälle der Benutzung der Forschungen der Naturwissen¬
schaften. Ohne die Kenntniß der in dem Reiche derselben ge=
lieferten Erfahrungen ist er oft nicht im Stande, zweckmäßig
die Handlungen zur Ausmittelung des Thatbestandes zu
veranstalten *), oder jene Verhältnisse zu beachten, welche
als leicht eintretende Möglichkeiten, die eine Erscheinung auf
eine andere als verbrecherische Weise erklären *), berück¬
sichtigt werden müssen, oder den Sinn, in welchem der
Gesetzgeber einen gewissen Ausdruck braucht*) oder der
Sachverständige sich eines solchen bediente, richtig zu ver=
stehen'), oder geeignete Fragen an die Sachverständigen
zu stellen oder die von ihnen gelieferten Gutachten gehörig
zu prüfen.
Betrachtet man die in früherer Zeit selbst noch im
vorigen Jahrhunderte gefällten Strafurtheile, welche auf
Gutachten der Sachverständigen gebauet waren, so schau=
dert man über die Gräuel, welche unter dem Namen der
Justiz von Richtern verübt wurden, welche im guten
Glauben handelten und entweder in Fällen, in welchen
3) z. B. bei dem Gebrauche der Ausdrücke: Wahnfinn, Manie,
Verrücktheit.
4) Z. B. wenn er nicht die Erfahrungen in Bezug auf die Aus¬
mittelung der Gifte kennt und daher auch nicht weiß, mit wel¬
cher Vorsicht zu Werke gegangen werden muß.
5) Z. B. bei dem Verbrechen der Brandstiftung, wo die neuen
gewisser ein=
Forschungen der Physik über die Selbstentzündung
ander nahe gebrachter Stoffe z. B. in Fabriken das Ergeb¬
niß liefern, daß oft kein Verbrechen vorhanden ist, wo man
nach den gewöhnlichen Ansichten ein solches annimmt.
6) Z. B. in Bezug auf die Tödtlichkeit der Wunden.
7) Z. B. bei dem Ausdruck: Lebensfähigkeit.
Vorlage
Staatsbibliothek
Max-Planck-Institut für
zu Berlin
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