Full text: Zeitschrift für die Criminal-Rechts-Pflege in den Preußischen Staaten mit Ausschluß der Rheinprovinzen (Bd. 3 = H. 5/6 (1826))

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Um diese Zeit schickte mich mein Vater auf die Uni¬ 
versität Tübingen. Denn, ungeachtet meiner unordentli= 
chen Lebensweise, hatte ich mit Hülfe einer glücklichen 
Auffassungsgabe, vieler Gelehrigkeit und eines guten Ge= 
dächtnisses, eine Menge von Vorkenntnissen erworben, die 
mich wesentlich unterstützten. Unglücklicherweise aber brachte 
ich auch ein verdorbenes Herz, und ein feuriges Tempera¬ 
ment mit dorthin, welches durch eine brennende Einbil¬ 
dungskraft und einen hohen Grad von Eitelkeit noch mehr 
gereizt wurde. Die Neuheit der Gegenstände, der Reiz 
des Umganges mit genialen, mit hoher Wissenschaft be= 
gabten Maͤnnern, und die Verbindung mit jungen Leuten, 
die gebildeter waren als ich, brachte mich dem regelmä¬ 
ßigen, dem wirklichen Leben wieder naͤher; aber dies 
währte nicht lange, und bald verband ich auch mit die= 
sem wieder die Träume meiner Einbildung, wiewohl diese 
für den Augenblick in der That eine andere Richtung 
nahmen. Durch meine Eitelkeit erregt, zeigten sie mir 
den Weg zur Ehre und zum Ruhm, und sechs Monate 
hindurch studirte ich mit außerordentlichem Eifer. 
Und dies ist der Zeitpunkt, wo ich mich einem neuen 
Laster ergab, dem Trunke. Bis hierher hatte ich keine 
Neigung dazu gehabt, aber da meine neuen Kameraden 
meine Mäßigkeit verhöhnten, so verleitete mich die falsche 
Schaam, ihnen hierin nachzuahmen. Man denke sich die 
Wirkung dieses neuen Giftes auf mich. Wie sehr mußte 
es die Hitze meines ohnehin schon kochenden Blutes erhö¬ 
hen, mein Temperament entflammen, meine Einbildungs= 
kraft, die schon so geneigt war, in der Region der Träu= 
me umherzuschweifen, überspannen! Kein Wunder war 
es, daß ich alle Arten von Tollheit, von unsinnigen, em¬ 
pfindsamen, ritterhaften Abentheuern, kurz Alles was aus 
Voage 
Staatsbibliothel 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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