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tung der Wunde an, aus welcher der Tod erfolgte, als
auf den Grad der Unvorsichtigkeit, Nachlässigkeit oder
Ungeschicklichkeit u. s. w. des Tödtenden.
Diesem eben geschilderten System steht nun wieder
das alt= germanische scharf gegenüber. Hier war es al=
lerdings die Verletzung, die nach Zoll und Strüh gemes=
sen wurde, und von deren Größe, Tiefe und Breite die
Buße abhing. Die feinere Rücksicht auf den Willen war
dem germanischen Rechte fremd; nur das was mit den
Sinnen wahrgenommen werden konnte, der sichtbare hand¬
greifliche Thatbestand, kam zur Sprache, und so lag dann
auch bei der Tödtung die Frage über den physischen Zu=
sammenhang der Verletzung mit dem Erfolge der That=
sehr nahe. Das spricht sich schon in mehreren Bestim¬
mungen des ältern germanischen Recht aus. Denn hier
war entweder, wo jener Causalpexus zweifelhaft war,
eine Zeit firirt, während welcher der den Andern ver¬
wundet hatte, für die Folge seiner That haften mußte,
oder es entschied des Verwundeten eigener Eid, womit
er betheuerte, er sterbe an der Wunde.*) So wan es
ou en aura été involontairement la cause, sera puni d'un
emprisonnement de trois mois à deux ans et d'une amen¬
de de cinquante francs à six cents francs.
) v. Wicht das Offriesische Landrecht S. 62.
Wenn ein Verwundeter innerhalb Jahres und Tages sirht
und derselbe in seinem letzten Ende bei seiner Seelen=Ge=
ligkeit bezeuget vor dem Priester und guten Leuten, daß er
an der Verwundung sterbe, so soll man ihn büßen. Bliebe
er aber über Jahr und Tag am Leben, wie erweislich, so
darf man, wenn drei Zeugen eidlich berichtigen, daß sie nicht
glauben, daß der Mann an der Wunde gestorben sey, ihn
mit Recht nicht büßen. S. 680 ibid. Eid des Wundarztes.
Jch N. N. Wundarzt und Barbierer gelobe und schwöre, daß
ich allen äußerlich und inwendig verwundeten und kranken
Personen, welche ich anehmen werde, nach meinem besten
Vorlage
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin