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Todesstrafe oder eine andre und gelindere erkennen wol¬
len. Spricht das Gesetz die Todesstrafe aus, so ist
der Richter der weitern Bedenklichkeit üͤberhoben, und,
um ja dem möglichen Unrecht vorzubeugen, kann ja hier
den Richtercollegien, für Fälle die das Gesetz nicht vor¬
ausgesehen hat, die Freiheit ausdrücklich gestattet werden
den Verbrecher der Gnade des Koͤnigs zu empfehlen.
Der Stufenleiter der Strafe, die zwischen dem
maximum und minimum in einem einzelnen Falle, wie
überhaupt zwischen der geringsten Polizeistrafe und der
Todesstrafe liegt, entspricht nun des Verbrechens Straf=
würdigkeit. Ueber den Maaßstab derselben, wie über die
Zurechnung überhaupt, müssen wir aber, ehe wir die hie=
her gehörenden Bestimmungen des preußischen Rechts
prüfen, zuerst kurz diejenigen Grundsätze angeben, die nach
unsrer Ansicht die richtigen sind.
Ueber die Freiheit des Menschen hat sich unter
den Criminalisten großer Streit erhoben, der nicht sowohl
geschlichtet, als vielmehr dadurch beseitigt ist, daß die
neueste Literatur sich überhaupt von dergleichen Materien
mehr und mehr abgewendet hat. — Unumgänglich noth=
wendig für alle weitere Untersuchung in diesem Gebiete
ist aber die Unterscheidung einer doppelten Bedeutung der
Freiheit des Menschen. — Des Menschen wahre Bestim=
mung ist sittlich gut zu seyn, das ist seine Ehre und
sein Beruf in der Schöpfung. Will er nun mit seinem
Willen das Gute, oder was dasselbe ist, ist sein Wille
eins mit dem goͤttlichen Willen, so wird er selbst auch
der Freiheit des goͤttlichen Willens theilhaft, welche Frei¬
heit, da eine Schranke des göttlichen Willens nicht ge=
dacht werden kann, die höchste gedenkbare und zugleich
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