Full text: Niederrheinisches Archiv für Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtspflege (Bd. 2 (1817))

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Es wird unterdessen nöthig seyn, vor allem die Haupt¬ 
ideen anzugeben, welche wir als die Vorbedingungen 
unserer Vorschläge ansehen. 
Das, französische Prozedurwesen zeichnet sich vor der 
andern Zweigen der französischen Gesetzgebung darin sehr 
ungünstig aus, daß jene, ich spreche sowohl von der 
bürgerlichen als kriminellen Gesetzgebung, den Richter, 
seiner eigentlichen ideellen Bestimmung gemäß, zur Unter¬ 
suchung des rechtlichen Verhältnisses auf jedem rechtlichen 
Wege ermächtigen, und das Urtheil bloß von dem innern 
Werthe dder Unwerthe der Klage abhängig machen, wäl¬ 
rend die Prozedur überall heilige unumstößliche Formen 
(des formes sacramentelles) aufstellt, und jedes Urtheil von 
der Existenz dieser Formen abhängig macht. Hier hat 
man ganz den Grundsatz la forme emporte le fond ange, 
wandt. Es ist dem Richter durchaus nicht gestattet, sich 
über die Nüance einzelner Förmlichkeiten zu erheben 
und nachzusehen, ob die wesentlichen Bedingungen der 
Vergantungs=Prozedur nicht schon anderseitig befriedigt 
sind; so daß die Unterlassung eines der verschiedenen 
Elemente nicht berücksichtigt zu werden brauche. Hier ist 
nicht mehr von Rechtlichkeit die Rede, sondern von skla= 
vischem Formendienst: das Gesetz nimmt keine Rücksicht 
auf das innere Verdienst der Sache: der Buchstabe seines 
Rituale muß befolgt werden. 
Diese Formen, deren Nothwendigkeit wir anerkannt 
haben, indem wir zugleich die Nachtheile rügten, die aus 
dem Rigorismus für ihre skrupulöse Befolgung entstehen, 
können nur in soweit gewürdigt werden, als sie überhaupt 
. 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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