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Weitläufige Rechnungssachen und aus vielen Punkten
bestehende Rechtshändel, werden von dem Gericht zum
schriftlichen Verfahren verwiesen, wo jedoch der Bericht
eines Richters öffentlich vorgetragen wird.
Auf diese Art entgeht die mündlicheroffentliche Rechts¬
verwaltung dem Vorwurf der oberflächlichen Ungründlich¬
keit, bei welcher unterstellt wird, daß entweder die Rechts=
bedürftigen die Wahrheit der bei ihrem Rechtshandel zum
Grunde liegenden erheblichen Thatsachen und Gründe
nicht vollständig vorbringen und entwickeln, oder die
Richter aus dem gemachten Vortrag sie nicht gehörig aus=
mitteln können, welches alles in dieser Einrichtung weg¬
fällt, da mündlich oder schriftlich der Inhalt der Gründe,
die Prüfung und Beurtheilung die nämlichen sind, nur
die Art der Mittheilung verschieden ist, und in dieser
Art die Gründlichkeit nicht liegt, sondern in dem Inhalt
selbst, und indem der schriftliche Vortrag in diesem Ver=
fahren, weit entfernt ausgeschlossen zu seyn, mit dem
mündlichen verbunden erscheint, und einer den andern
kräftig unterstützt, folglich auch den Vortheil von diesem
in sich vereinigt.
Seichte Ungründlichkeit der Advokaten wird durch die
Oeffentlichkeit ihres Vortrags, und jener der Richter
durch die ausgesprochenen, und dem Urtheil vorgesetzten
Entscheidungsgründe verrathen, und wird beide beschämen.
Irrthum schließt weder das schriftliche noch mündliche
Verfahren gänzlich aus.
Auch ist nicht zu besorgen, daß der hinreissenden Be=
redtsamkeit der schlauen Sachwalter über den Verstand
des Gegners, und der Richter in dem schnellen Gange
Voge
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