der neuesten criminalistischen Schriften.
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wird, muß, wenn es gerecht seyn soll, die Natur der Ver=
theidigung haben (S. 7); folglich muß auch die Strafe.
wenn sie gleich die Rechtsverletzung nicht ungeschehen
machen kann, doch die unausbleiblichen für andere Men=
schen nachtheiligen Folgen derselben ganz oder theilweise
wieder aufheben. Da nun diese Folgen der Rechtsver¬
letzungen a) ein Verlust oder nachtheilige Veränderung an
dem Zustande des unmittelbar Verletzten, b) Unsicherheit
für sein rechtlich erlaubtes Seyn und Handeln in der Zu=
kunft, c) eine Unsicherheit und Benachtheiligung aller
andern Standesgenossen sind, so müssen insbesondere die
Folgen ad b u. c (die ad a wird durch den Ersatz aufge=
hoben) nur durch eine hinreichende Bürgschaft wegen Fort=
setzung des Verbrechens aufgehoben werden, und dies kann
nur geschehen, indem dem Verletzer etwas geschieht, was
für die Zukunft seiner sinnlichen Willkür und fremden Ge¬
liiste Schranken setzt: dies wird nun durch Strafe be=
wirkt
Unfehlbar hat der Verf. Recht, wenn er sich
nicht mit einer hohlen Formel von sogenannter Wiederver¬
geltung befriedigen läßt, und nur im Zusammenhange mit
den Forderungen der Vernunft die Strafe auf den obersten
Staatszweck und die Realisirung desselben bezieht; allein
die Theorie des Verf., welche viele Aehnlichkeit mit der
Theorie Schulze's hat, scheint doch nur eine versteckte
Präventionstheorie zu seyn, wobei die Strafe nur auf die
Zukunft berechnet wird; denn die Bürgschaft der Strafe
ist doch nur ein Sicherungsmittel vor dem Verbrecher, und
alle Einwendungen, die gegen die Präventionstheorie sich
machen lassen, werden auf die Ansicht des Verf. sich erheben.
Soll die Bürgschaft mehr intellectuell als sinnlich aufgefaßt
werden, so erhält der Gesetzgeber durch die Theorie des
Verf. kein Princip für die Strafdrohung; denn nur nach
der ganzen Individualität des Verbrechers und nach allen
seine Gefährlichkeit bestimmenden Umständen würde die
Größe der nothwendigen Bürgschaft d. h. der Strafe be=
stimmt werden; es wird unmöglich seyn, daß der Gesetz=
geber voraus bestimme, wie viel Bürgschaft d. h. Strafe
bei dem Verbrechen des Raubs, wie viel bei Diebstahl.
wie viel bei Betrug, Ehebruch u. a. nothwendig seyn wird.
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Max-Planck-Institut für
zu Berlin