Full text: Neues Archiv des Criminalrechts (Bd. 9 (1826))

der neuesten criminalistischen Schriften. 
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wird, muß, wenn es gerecht seyn soll, die Natur der Ver= 
theidigung haben (S. 7); folglich muß auch die Strafe. 
wenn sie gleich die Rechtsverletzung nicht ungeschehen 
machen kann, doch die unausbleiblichen für andere Men= 
schen nachtheiligen Folgen derselben ganz oder theilweise 
wieder aufheben. Da nun diese Folgen der Rechtsver¬ 
letzungen a) ein Verlust oder nachtheilige Veränderung an 
dem Zustande des unmittelbar Verletzten, b) Unsicherheit 
für sein rechtlich erlaubtes Seyn und Handeln in der Zu= 
kunft, c) eine Unsicherheit und Benachtheiligung aller 
andern Standesgenossen sind, so müssen insbesondere die 
Folgen ad b u. c (die ad a wird durch den Ersatz aufge= 
hoben) nur durch eine hinreichende Bürgschaft wegen Fort= 
setzung des Verbrechens aufgehoben werden, und dies kann 
nur geschehen, indem dem Verletzer etwas geschieht, was 
für die Zukunft seiner sinnlichen Willkür und fremden Ge¬ 
liiste Schranken setzt: dies wird nun durch Strafe be= 
wirkt 
Unfehlbar hat der Verf. Recht, wenn er sich 
nicht mit einer hohlen Formel von sogenannter Wiederver¬ 
geltung befriedigen läßt, und nur im Zusammenhange mit 
den Forderungen der Vernunft die Strafe auf den obersten 
Staatszweck und die Realisirung desselben bezieht; allein 
die Theorie des Verf., welche viele Aehnlichkeit mit der 
Theorie Schulze's hat, scheint doch nur eine versteckte 
Präventionstheorie zu seyn, wobei die Strafe nur auf die 
Zukunft berechnet wird; denn die Bürgschaft der Strafe 
ist doch nur ein Sicherungsmittel vor dem Verbrecher, und 
alle Einwendungen, die gegen die Präventionstheorie sich 
machen lassen, werden auf die Ansicht des Verf. sich erheben. 
Soll die Bürgschaft mehr intellectuell als sinnlich aufgefaßt 
werden, so erhält der Gesetzgeber durch die Theorie des 
Verf. kein Princip für die Strafdrohung; denn nur nach 
der ganzen Individualität des Verbrechers und nach allen 
seine Gefährlichkeit bestimmenden Umständen würde die 
Größe der nothwendigen Bürgschaft d. h. der Strafe be= 
stimmt werden; es wird unmöglich seyn, daß der Gesetz= 
geber voraus bestimme, wie viel Bürgschaft d. h. Strafe 
bei dem Verbrechen des Raubs, wie viel bei Diebstahl. 
wie viel bei Betrug, Ehebruch u. a. nothwendig seyn wird. 
Vorage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlin
	        
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