Berger: üb. den §. 7 des a. b. G. B.
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Wirklichkeit nie erreichen, erschöpfen und wo daher die das Gesetz
überwuchernde Wirklichkeit in ihrer Mannigfaltigkeit und Fülle durch¬
bricht, da erscheint das Gesetz lückenhaft.
Diese Lücken müssen nun ausgefüllt werden. Allein ihre Aus¬
füllung geschieht nicht durch abstracte Formeln, die fern über dem
festen Boden der Wirklichkeit ohne Halt= und Stützpunct schweben;
sondern diese Ergänzung muß auf demselben Wege geschehen, auf dem
das Gesetz selbst entstanden ist, sie muß sonach von dem im Leben
daseienden Rechte, von seiner Anschauung ausgehen. Das
allgemeine Abbild dieser Anschauung findet sich schon im Gesetzsysteme,
denn sein Rahmen umfaßt die ganze Rechtswirklichkeit. Die Ergänzung
hat daher nur die Aufgabe, die besondere, fehlende Einzelnheit aus
der Wirklichkeit in den Gesetzesrahmen überzutragen. Die gesetzer¬
gänzende Thätigkeit des Richters bemächtigt sich daher vor Allem des
Begriffes, wie er sich im Gesetzsysteme verkörpert vorfindet, sie
muß z. B. das Erbrecht, wie es im österreichischen Rechtssysteme
sich verwirklicht hat, in ihr Bewußtsein aufnehmen, denn dieses
Erbrecht eben ist derselben Wirklichkeit, demselben Leben entnommen,
welches den zu beurtheilenden Fall aus seinem Schooße geboren hat.
Der Begriff eines Rechtsinstitutes aber ist nicht etwa die einzelne
Definition, von der gerade zufällig ausgegangen wird. Erst die ganze
Fülle eines Rechtsinstitutes ist sein Begriff, erst das ganze Erbrecht.
wie es im österreichischen Rechte aufgefaßt wird, ist der Begriff
des österreichischen Erbrechtes und wer sich blos an die Defi¬
nition des Erbrechtes, wie sie im §. 532 des a. b. G. B. aufgestellt
ist, halten wollte, der hätte vom österreichischen Erbrechte gewiß kei¬
nen Begriff. Dasselbe Rechtsinstitut läßt ja in den verschiedenen
Phasen seiner Entfaltung mannigfache Definitionen zu; allein keine
derselben hat die Bedeutung, den Begriff zu erschöpfen, jede gibt nur
ein Moment des Begriffes, und erst die ganze Begriffsentwicklung,
innerhalb deren auch die Scala der sich übereinander reihenden Defi=
nitionen von selbst ausgeprägt hervortreten wird, ist der wirkliche
Begriff — die Idee. Jndem nun der Richter von der Jdee des
besondern Rechtsinstitutes, dessen Formen sich „mit Hinsicht auf die
sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände" (Worte des
§. 7 a. b. G. B.) in dem zu entscheidenden Falle ausgeprägt finden,
Max-Planck-Institut für