Full text: Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde (Jg. 1843, Bd. 1 (1843))

Hauptblatt. 
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§. 2. 
Die zwei Klagen, welche in diesem Aufsatze besprochen werden 
sollen, erscheinen theils wegen der hohen und durchgreifenden Wich= 
tigkeit ihres Gegenstandes, theils ihrer wechselseitigen Beziehung 
wegen, welche einen Widerspruch zwischen Beiden zu bedingen scheint, 
als besonders beachtenswerth. Die Erste geht im Wesentlichen dahin, 
daß so viele Inquisiten, welche nach einer unbefangenen 
und wohlbegründeten Meinung des sie kennenden Pub¬ 
licums wirklich schuldig sind, vo nunseren Strafgerich¬ 
ten dennoch straflos entlassen werden; in welcher Straf¬ 
losigkeit für die Entlassenen sowohl, wie auch für andere Bösgesinnte 
eine zu nahe Aufforderung liegt, neue Verbrechen zu begehen, wodurch 
der bessere Theil der Bürger sich in seiner Rechtssicherheit gefährdet 
fühlt. Es bedarf für die geehrten Leser dieser Zeitschrift wohl kaum 
der Erklärung, daß hier weder von den seltenen Fällen die Rede sein 
kann, in welchen bei je der Gesetzgebung und bei je dem Strafver= 
fahren mancher Schuldige dennoch straflos durchkommen muß, noch von 
denjenigen, wo das ungegründete Vorurtheil des vorschnell absprechenden 
Publicums jemanden für schuldig erklärt, den die Gerichte nach gründ= 
licherer Untersuchung und reiferer Beurtheilung lossprechen müssen. 
Es handelt sich vielmehr hier nur von häufiger vorkommenden 
Fällen von Lossprechungen — fast durchgehends Entlassungen aus 
Mangel an Beweisen —, bei welchen das Publicum die stärksten 
objectiv giltigen Gründe hat, die Entlassenen für schuldig zu 
halten. Daß eine solche Klage nicht selten vorkomme, dürfte wohl 
kaum jemand, der unbefangen beobachten und das Resultat seiner 
Beobachtung aufrichtig aussprechen will, in Abrede stellen. Nur mag 
der Eine mehr, der Andre weniger Gelegenheit finden, solche Erfah¬ 
rungen zu sammeln, da in einigen Provinzen diese Klagen häufiger 
vorkommen, als in den anderen. So sind dieselben z. B. im lombar= 
disch=venetianischen Königreiche mehr an der Tagesordnung als in 
den deutschen Provinzen, und man kann in jenem Königreiche gar oft 
die Aeußerung hören, daß unser Strafgesetzbuch zwar für deutsche 
Inquisiten ganz gut sein mag, daß es aber für die italienischen, welche 
im Läugnen viel hartnäckiger und in der Entkräftung der gegen sie strei= 
tenden Beweismittel viel findiger sind, als die deutschen (so denken 
Max-Planck-Institut für
	        
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