Full text: Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde (Jg. 1832, Bd. 2 (1832))

45 
Graßl: über Pestvergehen. 
sammengenommen, sondern wohl auch durch Eines allein, 
es das objective oder das subjective. Man bezeichnet im Allge¬ 
meinen eine Uebertretung als eine schwere, auch ohne Rücksicht 
auf die Willensrichtung des Thäters, wenn sie großen Nach¬ 
theil herbeyzuführen geeignet ist, wie man umgekehrt auch dann 
von einer schweren Uebertretung spricht, wenn die Handlung 
des Uebelthäters aus einer besonders bösartigen Triebfeder her¬ 
vorgegangen ist, ungeachtet eben kein großer Nachtheil aus ihr 
erfolgte oder nach Beschaffenheit der Umstände erfolgen konnte, 
oder wenn, wie in unserem Falle, zur Zurechnung einer be¬ 
stimmten Uebertretung schon ein Versehen des Handelnden hin¬ 
reichte, und nun aber erwiesen ist, daß sie vorsätzlich begangen 
wurde. Doch kann, wie ich glaube, auch nicht geläugnet wer¬ 
den, daß man öfters beyde Erschwerungs=Momente sich vereini= 
get denkt, wenn von einer schweren Uebertretung die Rede ist. 
Gibt man dieses zu, so wird gegen unsere obige Auslegung der 
Worte; schwere Uebertretung, kaum etwas Erhebliches einge¬ 
wendet werden können. Denn im Zweifel ist schon nach allge¬ 
meinen Grundsätzen, und eben so nach dem Geiste unseres 
Strafrechtes (s. z. B. §. 425 d. I. Thls. des Strg. am Ende 
diejenige Auslegung eines Strafgesetzes vorzuziehen, welche für 
den zu Strafenden günstiger ist. Dieses ist nun aber bey un= 
serer Auslegung der Fall. Denn nach derselben kann ein Ueber= 
treter der Pestvorschriften nur dann im Standrechtsprocesse zur 
Erschießung verurtheilt werden, wenn er ein wichtigeres Ver= 
gehen dieser Art vorsätzlich begangen hat, nie aber, wenn ihm 
bloß ein Versehen zu Schulden kommt. Man wird um so ge= 
neigter seyn, diese Auslegung zu billigen, wenn man die Größe 
der angedrohten Strafe berücksichtiget, durch die das höchste ir¬ 
dische Gut auf unwiederbringliche Weise entzogen wird. Bey 
der Humanität unseres Gesetzgebers, die allenthalben aus sei= 
ner Strafgesetzgebung hervorleuchtet, darf sicher nicht angenom= 
men werden, daß er ein bloßes Versehen, wenn auch in einer 
für das Allgemeine so gefahrvollen Lage begangen, mit so über= 
großer Strenge habe ahnden wollen, um so mehr, wenn man 
Max-Planck-Institut für
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer