Full text: Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde (Jg. 1832, Bd. 2 (1832))

Staudinger: über Minderjährige. 
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handel oder einen Holzhandel im Kleinen, oder eine sonstige 
freye Beschäftigung ausüben, als selbstständige Personen mit 
Grund ansehen können; mindestens entsteht die Frage: ob ein 
Minderjähriger, welcher z. B. 22 Jahre zählt und einen sol= 
chen Handel auf seine alleinige Rechnung treibt, sich nicht eben 
dadurch nach dem §. 248 des a. b. G. B. *) für großjährig 
ausgibt, und für allen durch sein Benehmen zugefügten Scha¬ 
den verantwortlich wird; besonders wenn der Ausspruch des 
§. 252 des a. b. G. B. **) damit verglichen wird, wobey noch 
zu berücksichtigen kommt, daß es im gemeinen Leben unendliche 
Schwierigkeiten machen würde, wenn Jedermann, der sich mit 
einem Minderjährigen, der öffentlich einen freyen Handel 
betreibt, in ein Geschäft einläßt, erst vorläufig die Ueberzeu¬ 
gung sich verschaffen müßte, ob dieser Handeltreibende von der 
Behörde ein förmliches Verleihungsdecret erhalten habe, da 
doch die von der politischen Behörde gestattete Führung eines 
solchen Handels die Fähigkeit, sich durch Verträge gültig ver¬ 
binden zu können, voraussetzt, und da die Beobachtung des fei¬ 
nen Unterschiedes, ob die Gestattung der Ausübung eines Han¬ 
dels oder ob die wirkliche Verleihung eines förmlichen Befug¬ 
nisses zu diesem Handel den Minderjährigen selbstständig mache, 
demjenigen, der mit einem solchen Handeltreibenden ein Ge¬ 
schäft abschließt, nicht wohl als eine Vernachläßigung der ge¬ 
hörigen Vorsicht, als eine culpa lata, zugerechnet werden kann. 
Beantwortet man nun die obige Frage bejahend, so ge¬ 
) §. 248 des a. b. G. B.: „Ein Minderjähriger, welcher sich 
nach zurückgelegtem zwanzigsten Jahre bey einem Geschäfte für 
großjährig ausgibt, ist für allen Schaden verantwortlich, wenn 
der andere Theil vor Abschließung des Geschäftes nicht wohl erst¬ 
Exkundigung über die Wahrheit des Vorgebens einholen konnte. 
*) §. 252 des a. b. G. B.: „Wird einem Minderjährigen der 
Betrieb einer Handlung oder eines Gewerbes von der Behörde 
verstattet, so wird er dadurch zugleich für volljährig erklärt, 
Die Erklärung der Volljährigkeit hat ganz gleiche rechtliche 
Wirkung mit der wirklich erreichten Volljährigkeit." 
XII. 
Max-Planck-Institut für
	        
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