Full text: Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit und politische Gesetzkunde (Jg. 1844, Bd. 3 (1844))

Anz. üb. Schüz's Grundsätze der National=Oekonomie. 
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ker sei als die Fähigkeit, die Lebensmittel im eigenen Lande zu vermehren. Doch sei 
eine Vermehrung der Bevölkerung über die äußerste, durch das Maß der Cristenz¬ 
mittel gezogene Gränze hinaus, jenseits welcher Noth und Verderben hereinbricht 
und die Bevölkerung sich wieder mindert, keine Nothwendigkeit, sondern nur 
eine Möglichkeit; die Noth kann vermindert werden durch verständige Ent¬ 
haltsamkeit. 
In der Politik ist nach unserer Ansicht ein Drittes beachtenswerth, das 
zwischen Nothwendigkeit und Möglichkeit die Mitte hält: die Wahrscheinlich¬ 
keit — da dem vorausrechnenden und vorbereitenden Staatsmanne einerseits mit 
der bloßen Möglichkeit nicht gedient, andererseits aber in politischen Sachen selten 
gegönnt ist, mit Gewißheit in die Zukunft zu sehen Halten wir den Blick, der aus 
gegenwärtigen Thatsachen kommende Ereignisse herauslesen will, gleichmäßig frei 
von dem Mißbehagen und der Einschüchterungslust des drohenden Mahners, wie von 
der Schwäche der leichtfertigen Berubigung, und wir müssen uns gestehen, daß die 
altcultivirten Staaten Europas, wenn nicht die Natur oder Völkerkämpfe mit ih en 
großen schmerzlichen Amputationen eingreifen, mit hoher Mahrscheinlichkeit einer 
solchen Vermehrung der Volksmenge näher rücken, welche Calamitäten mancher 
Art über dieselben bringen dürfte, nämlich einer unverhältn smäßigen Vermehrung 
der ärmeren Classen. Auf die Vorsicht bei Eingehung von Ehen, auf die Ent¬ 
haltsamkeit in der Ehe, wegen Furcht vor Mangel an Eristenzmitteln oder wegen 
wirklichen Mangels, auf die Zunahme der Sterblichkeit, namentlich der Kinder 
worauf der Verfasser als Aus leichungsmittel hinweist — ist hier nicht viel zu 
bauen Schon Smith sagt (1. Seite 133): „Armuth schreckt allerdings vom 
Heirathen ab, aber sie verhindert es nicht schlechterdings. Sie scheint sogar das 
Kinderzeugen zu befördern. Eine halb verhungerte Bergschottin wird oft Mutter von 
mehr als zwanzig (?) Kindern, indeß die wohlgenährte und überzärtlich verpflegte 
Dame unvermögend ist, ein einziges zur Welt zu bringen, und höchstens durch 
zwei oder drei Niederkunften schon erschöpft ist. Unfruchtbarkeit, eine bei dem weib¬ 
lichen Geschlechte in den vornehmen Ständen so gemeine Sache, ist in den unteren 
beinahe gänzlich unbekannt? Ist auch diese Behauptung etwas schottisch derb aus¬ 
gesprochen und einer frühern Zeitperiode entnommen, so umschließt sie doch eine 
bleibende Wahrheit Betrachten wir aber die Gegenwart, sie bietet in ihren Erschei¬ 
nungen andere zahlreiche Stützpunkte für unsere Ansicht Die hauptsächlichsten sind 
folgende: Vorsicht bei Eingehung von Ehen und Enthaltsamkeit in der Ehe wird 
gegenwärtig weit mehr bei den mittleren und höhern Ständen, als bei den unteren 
angetroffen; die zahlreichen und wohleingerichteten Humanitäts=Ansalten unserer 
Zeit schwächen bedeutend jene Furcht vor Mangel an Existenzmitteln und Unterbrin¬ 
gung der Kinder, die Erinnerung an dieselben nährt insbesondere den Leichtsinn im 
außerehelichen Umgange; der fortwährend steigende außereheliche Zuwachs der 
Bevölkerung rührt auch thatsächlich zumeist von der ärmeren Classe ber; die fort¬ 
schreitende Verbesserung und Zertheilung der schon bestehenden Humanitäts=Anstal¬ 
ten, vorzüglich aber die Gründung neuer, meistentheils durch den wohlthätigen 
Sinn der Privaten, wie Kinderbewahranstalten, Kinderspitäler u dgl, wirken der 
größeren Sterblichkeit der armen Kinder entgegen, ohne ihnen jedoch künftiges Un¬ 
terkommen und zureichenden Erwerb verbürgen zu können; die fortwährende Be¬ 
gründung neuer Fabriks=Etablissements auf dem Lande bildet nun auch hier eine 
Bevölkerung aus, die von der Hand in den Mund lebt, und sich mit ihrer Lebens¬ 
freude auf wenig mehr als auf die Geschlecht verschiedenheit angewiesen fühlt. Es 
ist ein unter den ärmeren Classen in deutschen Ländern sehr gangbares Sprichwort 
Wem Gott gibt ein Haas'l, dem gibt er auch ein Gras'l, — und, so weit wir die 
Menschen kennen, dürfte es auch in anderen Ländern an Sprüchen nicht fehlen 
welche Trost und Entschuldigung im Leichtsinne gewähren. Der Name „Proletarier“ 
scheint also grammatikalisch und praktisch richtig zu sein. Schlägt man nun zu die¬ 
Max-Planck-Institut für
	        
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