Anz. üb.: Hegel's Geschichte der Städteverfassung von Italien. 255
(wie es scheint) zuerst eine allgemeine Städteordnung auf Grundlage
der vorhandenen, volksthümlichen Verfassung. Der Sitz der Gewalt
war bei den Volksversammlungen, welche die Beamten wählte und Theil
an der Gesetzgebung, Verwaltung und an den Gerichten nahm.
In
der ersten Periode der Kaiserzeit (bis Ende des dritten Jahrhunderts)
traten wesentliche Aenderungen ein. Die Regierung ging ganz auf die
Decurionen über, welche aus den reichsten und angesehensten Grundbe¬
sitzern bestanden, und nach Italiens Eintheilung in Provinzen wurden
die städtischen Magistrate den Statthaltern untergeordnet. — Unter
Diocletian und Constantin verlor Italien den wichtigsten politi¬
schen Vorzug vor den Provinzen, die Steuerfreiheit von Grund und
„Boden. Das Amt der Decurionen wurde erblich, immer lästiger, manch¬
mal sogar zur Strafe übertragen. Die Stadtgemeinde wurde nicht mehr
vertreten durch den Magistrat, welcher dem Provinzial-Statthalter un¬
terstand, und erhielt in dem Defensor, welchen die gesammte angesehene
Bürgerschaft ernannte, eine neue Obrigkeit. Die Bischöfe und die Geist¬
lichkeit gelangten zu großem Einflusse.
- Unter der ostgothischen und
griechischen Herrschaft ist die Curie in den Städten eine erbliche Dienst¬
corporation, welche das Steuerwesen und einige andere Geschäfte be¬
sorgt. Ueber ihr stehen der Defensor und Curator, welche bei den Ost¬
gothen militärischen Beamten *), unter den Griechen den Bischöfen und
Primaten untergeordnet sind.
Das zweite Capitel, welches den Untergang der römischen Städte¬
verfassung in dem von den Longobarden nicht unterjochten Italien dar¬
stellt, liefert in den beiden ersten Abschnitten eine vortreffliche Darstel¬
lung der historischen Beziehungen von den Einfällen der Longobarden
bis Carl's I. Krönung zum römischen Kaiser, worin die Schilderung
der Zeit Gregor's des Großen vor Allem sich auszeichnet.
Der dritte Abschnitt beschreibt die Verfassung der unter griechischer
Herrschaft stehenden Provinzen Italiens bis auf die Zeit Carl's I.,
deren Schicksal selbst jenem des longobardischen Italiens nachstand, da
sie außer den drückenden inneren Verhältnissen auch beständig von den
Longobarden zu leiden hatten.
Der vierte Abschnitt beschäftigt sich mit den römischen und raven¬
*) S. besonders S. 124, 125.
Max-Planck-Institut für