Full text: Österreichische Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft (Jg. 1847, Bd. 1 (1847))

Hauptblatt. 
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Bescheinigung darüber zu begehren, daß sie innerhalb der richterlich an= 
geordneten Zeitdauer der Auflage nicht hätte Folge leisten können. 
Welche Hemmnisse aus diesem Systeme für die Rechtsverfolgung 
erwachsen, wird am besten aus der Darlegung des folgenden Falles, 
der sich bei den badischen Gerichten bereits jede Woche einige Mal ereig= 
net, einleuchten. Man setze nämlich den Fall, daß Jemand auf Bezah= 
lung einer Darlehens= oder irgend einer anderen Schuld belangt wird, 
daß dem Beklagten, wenn gleich die Schuld vollkommen begründet ist, 
zur Zeit keine Zahlungsmittel zu Gebote stehen, und deshalb seine In¬ 
tention dahin gerichtet ist, einer alsbaldigen Verurtheilung zur Zahlung 
vorzubeugen, oder aber, daß er aus Haß gegen die Person des Klägers, 
oder aus anderen Gründen dem letzteren die rasche Verfolgung seines 
Rechtes zu erschweren sucht. 
Die Klage wird als zulässig erkannt, und zur Vernehmlassung 
eine Tagfahrt anberaumt. Der Beklagte richtet nun an das Gericht 
eine schriftliche Vorstellung, in welcher er die angebliche Nothwendig¬ 
keit, an dem zur Vernehmlassung festgesetzten Tage wegen Berufsge= 
schäften oder aus anderen Gründen abwesend zu sein, vorgibt, und nach 
Maßgabe des §. 232 der Pr. O. um Tagfahrtsverlegung nachsucht. 
In Folge dieses Vorbringens wird die Tagfahrt auf weitere vierzehn 
Tage oder gar drei Wochen hinaus verlegt. Allein auch an der zweiten 
Tagfahrt bleibt der Beklagte aus. Er findet nämlich ein Mittel, sich 
über einen angeblichen Hinderungsgrund eine Bescheinigung zu verschaf= 
fen, und bewirkt, daß die zweite Tagfahrt auf vierzehn Tage hinaus 
verlegt wird. Aber auch an dieser dritten Tagfahrt erscheint der Be¬ 
klagte wieder nicht, indem er sich wiederholt über das Dasein eines 
angeblichen Hinderungsgrundes eine Bescheinigung zu verschaffen weiß. 
Der Richter ordnet die vorgeschriebene Tagfahrt an, um den Gegen= 
theil zu hören, ob er zu einer nochmaligen Tagfahrtsverlegung seine Zu¬ 
stimmung ertheile. Hierdurch wird die Erörterung der Sache wenigstens 
um weitere vierzehn Tage aufgeschoben. 
Wenn nun der Kläger auch seine Zustimmung verweigert, und auf 
seinen Antrag ein Versäumungserkenntniß ergeht, so wartet der Beklagte 
den letzten Tag der vierzehntägigen Restitutionsfrist ab, und gibt, unter 
Vorbringen des Restitutionsgesuches, die Vernehmlassung auf die Klage 
ab, welche er, um die Sache noch mehr zu verzögern, auf ein Abläug= 
Max-Planck-Institut für
	        
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