Full text: Vermischte Abhandlungen und Anmerkungen aus den Geschichten, dem Staatsrechte, der Sittenlehre und den schönen Wissenschaften (1751 (1751))

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Rede für denselben. 
Seneca wird getadelt, weil er die ver- 
dammliche Standhaftigkeit des Cato verschwen- 
derisch gelobt hat. Er soll nur selbst lobens¬ 
werth, und als ein unuberwindlicher Weise 
gestorben seyn. Unterdessen ist es gewiß, daß 
man allhier diesen grossen Mann so wenig als 
den Sokrates, dem Cato entgegen stellen kan. 
Niemand hat mehr, als Seneca, den Selbst¬ 
mord gelobet. Niemand hat sich auch, sol¬ 
chen bey Gelegenheit auszuuͤben, mehr erkläͤ¬ 
ret. Cesar hat zwar dem Cato nicht befohlen, 
sich selbst zu entleiben. Alleine, Seneca haͤtte 
gleichfalls die Gewalt seines Tyrannen erwar¬ 
ten, und ihm sagen koͤnnen, daß er nicht sein 
eigner Scharfrichter werden wollte: denn die¬ 
ses soll allzeit unerlaubt gewesen seyn. Es ist 
auch nicht erwiesen worden, ob es dem Seneca 
ganz unmoͤglich gewesen sey, dem moͤrderischen 
Befehle des Nero zu entgehen? Allein er hielt 
für thunlicher, durch die Eröfnung der Adern 
sich selbst das Leben zu nehmen. Und als sein 
redliches Herz nicht so gleich erkalten wollte: 
so wurde dieser unuͤberwindliche Weise von der 
Ungeduld überwunden, und sich in einem 
Dampfbade zu erstiken gezwungen. Er hatte 
noch vorher mit grosser Freude vernommen, daß 
ihm seine geliebte Paullina auch im Tode Ge¬ 
sellschaft leisten, und aus zärtlicher Liebe für 
einen so würdigen Gemahl, sich das Leben un¬ 
geheissen nehmen wollte: welches allein uns 
gnugsam üͤberfuͤhren kann, daß der weise Ge¬ 
neca den Selbstmord für etwas sehr lobliches 
gehalten hat. 
Weil 
Max-Planck-Institut für
	        
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