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damit weder die ursprüngliche Natur des Steuer-Straf¬
Verfahrens ganz verändert wird, noch auch sämmtliche
Grundsätze des gewöhnlichen Civilprocesses, sondern nur
diejenigen Grundsätze zur Anwendung zu bringen sein
möchten, deren Anwendung durch die Landesgesetze vor¬
geschrieben worden ist. Es folgt also hieraus, daß in
Zweifelsfällen nicht die Grundsätze des gewöhnlichen Rechts¬
verfahrens, sondern die allgemeinen Grundsätze eines ad¬
ministrativen Steuer=Verfahrens in Anwendung kommen
müssen, wenn die Gesetze bestimmte Vorschriften nicht
enthalten.
In den Steuergesetzen des hiesigen Landes ist das
Strafverfahren wegen begangener Steuer=Defrauden nir¬
gends für ein rein gerichtliches, nach den Grundsätzen
des gewöhnlichen Processes zu beurtheilendes Verfahren
erklärt. Das Verfahren ist vielmehr ein gemischtes.
In dieser Beziehung müssen Wir hervorheben, daß das
Steuer=Contraventions=Verfahren in drei Theile zerfällt:
1) in das Ermäßigungs=Verfahren,
2) in ein summarisches Untersuchungs=Verfahren vor
der Orts=Obrigkeit,
3) in das Verfahren der Instanz der Rechtsmittel
vor den oberen Justiz=behörden.
Unserer Ansicht nach kann nur von dem letzteren
Theile behauptet werden, daß dasselbe ein rein gericht¬
liches, nach den Grundsätzen des gewöhnlichen Processes
zu beurtheilendes Verfahren sei, da der §. 193 des Ein¬
gangssteuer=Gesetzes vom 22sten Julius 1817 die Prore߬
bestimmungen des gemeinen Rechts darauf angewendet
wissen will, und da das Gesetz vom 11ten Septbr. 1820
das zu beobachtende Verfahren nach Grundsätzen des Ci¬
vilprocesses näher regulirt.
Max-Planck-Institut für