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„Ehebeschwerde und Auflösungsbitte oder Zernichtungsklage
„vorgebracht hätte, wegen Unstatthaftigkeit, Unbeweislichkeit
„oder Unerheblichkeit derselben abgewiesen würde, und nun
„der gekränkte Theil zu Unterdrückung seiner widrigen Empfin¬
„dungen die Trennung begehrte, — neben dem Landrecht
noch anwendbar sei, wurde in den Gerichten bisher nicht
bezweifelt, die Auslegung dieser Vorschrift aber war nicht
gleichförmig.
Bei einer oberhofgerichtlichen Entscheidung, welche in
Jahrb. II. S. 155 mitgetheilt ist, ging man von der Ansicht
aus, daß am Ende eines mißglückten Ehescheidungsprozesses
nicht jeder Ehetheil, sondern allein derjenige, welcher als
Beklagter im Scheidungsprozesse obsiegte, als der durch die un¬
begründete Klage Gekränkte, zum Behuf der Unterdrückung sei¬
ner widrigen Empfindungen zeitliche Trennung begehren könne.
Bei der in Jahrb. II. S. 339 mitgetheilten Entscheidung
dagegen war das Hofgericht von der Ansicht ausgegangen,
daß auch der im Scheidungsprozeß unterlegene Kläger solches
Begehren stellen könne, der oberste Gerichtshof war aber
nicht veranlaßt, sich über diese Frage hier auszusprechen.
Bei der in Jahrb. V. S. 301 mitgetheilten Entscheidung
wurde zwar auch vom oberhofgerichtlichen Senat über die
Frage nicht erkannt; inzwischen war dort der oberhofgericht¬
liche Referent der Ansicht, daß auch hier das Hofgericht
mit Recht dem Kläger, welcher sein Scheidungsbegehren
nicht begründen konnte, einjährige Trennung zu Unter¬
drückung widriger Empfindungen zufolge §. 46 der Ehe¬
ordnung gestattet hatte.
In dem gegenwärtig vom zweiten oberhofgerichtlichen
Senat entschiedenen Falle, wo die Frau gegen den Mann
auf Scheidung geklagt hatte, weil derselbe einer vor der
Ehe begangenen widernatürlichen Unzucht zwar überwiesen,
aber wegen eingetretener Verjährung straflos erklärt worden
war, ergriff gedachte Frau gegen das ihr Ehescheidungsbe¬
gehren abweisende hofgerichtliche Erkenntniß den Rekurs an
Max-Planck-Institut für