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1. Antizipirte Beweiseinreden hindern den
rechtzeitigen Vortrag geänderter Beweiseinre¬
den nicht, und unterliegen nicht den Vorschriften
des Widerrufs.
2. Ueber den Begriff der Einrede des Be¬
trugs und der Fälschung.
(Degen und Reinach gegen Keller.)
Beim Bezirksamte Sinsheim wurde am 17. Februar
1845 folgende Klage eingereicht: Am 20. October 1844
haben die beiden Kläger gemeinschaftlich dem Beklagten die
Summe von 1244 fl. baar dargeliehen. Der Beklagte habe
dieses Darlehen zu 6 pCt. zu verzinsen und den Klägern
auf jedesmaliges Verlangen heimzuzahlen versprochen. Die
Kläger seien nicht gesonnen, das Darlehen länger bei dem
Beklagten stehen zu lassen und hätten daher dessen Rück¬
zahlung verlangt. Der Beklagte weigere sich jedoch, das
Darlehen zurückzubezahlen, weßhalb das Begehren um ge¬
richtliche Verurtheilung desselben zur Zahlung gedachter
Summe nebst 6 pCr. Zinsen vom 20. October 1844 an
gestellt werde.
In der zur Verhandlung anberaumten Tagfahrt trug
der Anwalt des Beklagten zur Vernehmlassung vor: Er
widerspreche, daß die beiden Kläger dem Beklagten am 20.
October 1844 das behauptete Darlehen von 1244 fl. ge¬
macht und der Beklagte die angegebene Verzinsung und
Rückzahlung zugesagt habe. Zwar habe Kläger Moses
Degen in 4 verschiedenen Malen ihm Beklagten kleine Dar¬
lehen im Gesammtbetrage von 44 fl. gemacht, am 20. Oc¬
tober 1844 nämlich ihm 22 fl., und das Uebrige in kurzen
Zwischenräumen später geliehen, und er habe ihm jedesmal
eine Handschrift dafür gegeben. Bei dem Darlehen am 20.
October 1844 insbesondere sei unter ihnen verabredet wor¬
den, daß er Beklagter dem Kläger statt für 22 fl. die
Oberhofgerichtl. Jahrbücher.
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Neue Folge. 9. Jahra.
Max-Planck-Institut für