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(§. 1205 Pr.=O.), welche er in der Verzögerung der Auf¬
stellung des Anwalts fand, Wiederherstellung. Der oberste
Gerichtshof (I. S.) ertheilte diese nach angehörter mündlicher
Rechtsausführung, indem man erwog, daß, wenn der Ober¬
appellant die Bitte um Aufstellung eines Offizialanwalts
noch 10 Tage vor Ablauf der 42tägigen Frist eingereicht
er wohl habe annehmen können, daß die Beschwerdeschrift
durch den sogleich aufzustellenden Anwalt noch rechtzeitig
übergeben werden könne, und daß wenn dies vermöge des
Geschäftsgangs bei den Kollegialgerichten dann nicht habe
geschehen können, es der Armenparthie nicht zur Last gelegt
werden dürfe. Man zog dabei auch noch in Betracht, daß
in zweiter Jnstanz die Versäumung oder Verspätung der
Anmeldung des Rechtsmittels der Armenparthie, die noch
keinen Anwalt habe, weniger streng anzurechnen sei, als
beim Untergerichte (Amte), wo ihm die Anmeldung leichter sei.
Anmerkung. Man wird hierin keinen Widerspruch
mit der im 3. Hefte dieses Jahrg. S. 455 mitgetheilten Ent¬
scheidung finden können, da in jenem Fall der Armenparthie
ein weit größeres Verschulden zur Last lag. Dort wie hier
ging man im Wesentlichen von der Ansicht aus, daß es
bedenklich sei, bei Fragen dieser Art einen durchgreifenden
Grundsatz rücksichtslos zur Anwendung zu bringen, vielmehr
im einzelnen Fall die Entscheidung nach dem größern oder
geringern Grade des Verschuldens der Armenparthie zu be¬
messen sei.
3.
Günzburger gegen die Gant der Rötteleschen Ehefrau,
Die für die Kinder der Gantfrau übergebene Beschwerde=
schrift, gegen das die Appellation als unzuläßig erklärende
hofgerichtliche Erkenntniß, war verspätet, weil nicht die ver¬
möge §. 852 u. 1206 (1240) der Pr.=O. stattfindenden Fri¬
sten des abgekürzten Verfahrens eingehalten waren. Der
zur Nachweisung der Rechtzeitigkeit in die öffentliche Sitzung
vorgeladene Offizialanwalt versuchte diese Nachweisung durch
Max-Planck-Institut für