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In Untersuchungssachen gegen P. A. Lammert wegen
Urkundenfälschung.
I. Senat 1846.
1) Die (in Heidelberg zum Zweck eines Betrugs ge¬
brauchte) Beurkundung eines falschen Bürgscheins durch den
Bürgermeister der großherzogl. hessischen Gemeinde Unter¬
marktsteinbach unter Beidrückung des Siegels dieser Ge¬
meinde kann so wenig, als eine gleiche Beurkundung eines
badischen Bürgermeisters, als eine öffentliche Urkunde im
gesetzlichen Sinne (L. R. S. 1317) angesehen werden, da für
die badischen Staatsgenossen kein Grund vorhanden war,
anzunehmen, daß eine solche Beurkundung eines Bürgermei¬
sters des hessischen Nachbarstaates einen größern Werth habe,
als einer gleichen Beurkundung eines hierländischen Bür¬
germeisters zufolge des §. 41 der Gemeindeordnung zukommt.
Eine solche falsche Beurkundung ist daher keine Fälschung
einer öffentlichen Urkunde, fällt somit nicht (wie das Hof¬
gericht annahm), unter lit. b, sondern unter lit. d des §.
48 des Strafedicts. Die Anwendung der, immerhin einen ge¬
wissen Grad von Beglaubigung in sich enthaltenden, Formen
von Urkunden einer öffentlichen Behörde begründet aber nach
§. 96 des Strafedicts eine Strafschärfung.
2) Ist die Fälschung der dritte Fall (oder zweite Rück¬
fall) nach Maaßgabe der Bestimmung unter lit. d, so ist
die Strafe des dritten Diebstahls (§. 77 des Strafedicts)
in Anwendung zu bringen, da die Worte: „nach den Re¬
geln des gemeinen Diebstahls“ auch den dritten Diebstahl
in sich begreifen.*)
3.
*) Hier wurde also vom oberhofgerichtlichen I. Senat (mit dem
Hofgerichte) der dritte Diebstahl als ein gemeiner angese¬
hen, während nach den Jahrbüchern Band V. S. 314 (1) der
II. Senat sich für die entgegengesetzte Ansicht ausgesprochen
hat. Der Referent hat im obigen neuerlichen Fall dieselbe
Ansicht festgehalten und demnach seinen Strafantrag nach §.
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