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Die Berufung gegen ein Erkenntniß, welches
eine Scheidung auf wechselseitige Einwilligung
verwirft, ist unstatthaft, wenn sie nur von ei-
nem Ehegatten erhoben wird. L. R. S. 291.
(I. S. der Marx Maier Eisemannischen Cheleute von Stebbach.
Ehescheidung betr.)
Auf gepflogene Verhandlungen hatte das Hofgericht des
Mittelrheinkreises das auf wechselseitige Einwilligung der
genannten Eheleute gebaute Scheidungsgesuch für unstatt¬
haft erklärt; die Ehefrau ergriff hiergegen die Berufung
an das Oberhofgericht, ohne daß nach Maasgabe des L.R.S.
291 auch ihr Ehemann dasselbe gethan hätte; und es suchte
die Appellantin die Zulässigkeit des von ihr einseitig ergrif¬
fenen Rechtsmittels dadurch zu begründen, daß sie ausführte,
es sei hinsichtlich der Frage über die Zulässigkeit eines Rechts¬
mittels in Ehescheidungssachen nicht das Landrecht, sondern
die Eheordnung maßgebend, weil zufolge des badischen Zu¬
satzes 311 a, anstatt des gerichtlichen Verfahrens der fran¬
zösischen Gesetzgebung, bei uns das polizeiliche Verfahreu
der Eheordnung fortbestehe.
Es gestatte aber der §. 70 der Eheordnung jedem Ehe¬
theil schlechthin den Rekurs gegen die Verwerfung jedes
Scheidungsgesuches, und bestimme zugleich, daß eine solche
Beschwerde an keine Zeit oder Rechtsförmlichkeiten gebunden
sein solle.
Das Oberhofgericht ging hierauf nicht ein, sondern er¬
klärte die ergriffene Berufung für unstatthaft, und zwar
aus folgenden Gründen:
Der L.R.S. 291 enthält die klare Bestimmung, daß ge¬
gen ein Urtheil, welches die nachgesuchte Ehescheidung auf
wechselseitige Einwilligung verwirft, eine Berufung nur
dann stattfinde, wenn sie von beiden Theilen in besondern
Urkunden frühestens nach zehn und spätestens nach zwanzig
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