Full text: Jahrbücher des Großherzoglich Badischen Oberhofgerichts (N.F. Jg. 1 = Jg. 8. 1833 (1834))

51 
der Richter nicht berechtigt, den aus den Verwandschafts¬ 
verhältnissen der Zeugen hergenommenen gesetzlichen Grund 
der schon an sich auf die Verhältnisse des Vormunds nicht 
paßt, ausdehnend in Anwendung zu bringen. Auch aus 
der Natur der vom Vormunde übernommenen Pflichten ge¬ 
gen seine Pflegbefohlenen, geht seine Unfähigkeit als Testa¬ 
mentszeuge nicht hervor. Hat er gleich Kraft seines Amtes 
Pflichten, für das Beste seiner Pflegbefohlenen zu sorgen, 
so liegt doch darin noch kein Grund, um die im Gesetze 
von der natürlichen Zuneigung wahrer Verwandten entnom¬ 
mene Vermuthung auch auf den Vormund ausdehnen zu 
wollen. 
In dem speciellen Falle trat noch die Ungewißheit ein 
ob D. schon zur Zeit der Testamentserrichtung Vormund 
der W.=schen Kinder gewesen sey? — Wäre er es später 
geworden, so würde, glaubte man, dieses Hinderniß nicht 
auf das Vergangene zurückgezogen werden können. 
II. 
Wichtiger erschien jedoch, als weiterer Nichtigkeitsgrund 
des Testaments, daß einer der Testamentszeugen, D., der 
Großonkel der Testamentserben sey. Factisch war dieses 
Verhältniß in dritter Instanz nachgewiesen, dagegen in 
dem vorhergehenden ganzen Laufe des Rechtsstreites, dasselbe 
nicht als Nichtigkeitsgrund speciell aufgeführt. — Daher 
wollte dem Oberhofgerichte vom oberappellatischen Sach¬ 
walter die Befugniß, dieses Verwandtschafts=Verhältniß 
zum Entscheidungsgrunde zu nehmen, bestritten werden. 
Das Erkenntniß dürfe nämlich nur aus denen von den 
Parthieen vorgetragenen Klaggründen und Einreden herge¬ 
nommen, und es dürfe nicht über Etwas entschieden werden, 
worüber keine Entscheidung verlangt sey. 
4* 
Max-Planck-Institut für
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer