Full text: Annalen der preußischen innern Staats-Verwaltung (Bd. 13, H. 2 = Jg. 1829, Apr. - Jun. (1829))

459 
pationen. Eben dies mögte sich auch in andern Provinzen nachweisen 
lassen. Mit Recht nimmt der Verf. an, daß unsere ganze jetzige Agrar= 
Verfassung die folgerechte Entwickelung jener uralten sei, obwohl dabei 
nicht übersehen werden könne, daß die Gemeinde der alten Freien und 
Markgenossen aus den Dörfern verschwunden, und alle ihre Rechte, 
so wie die des alten Princeps oder Nobilis in die Hände des Ge= 
richts, Guts= und Grundherrn zusammengefallen seien, und daß ge¬ 
genwärtig auf der Stelle der alten Freien Gemeine eine Gemeine der 
Hörigen sich nach und nach angesiedelt habe, welche von jener vielleicht 
kaum abstammt, und mit ihr nicht verwechselt werden darf. Die Ge¬ 
richtsverfassung und insonderheit der Ursprung und die Verhältnisse der 
Patrimonialgerichtsbarkeit ist hierbei lichtvoll entwickelt. Die Patri¬ 
monialgerichte haben ihren Ursprung in den wesentlichen Elementen 
des Nationalcharakters und der Urverfassung der Deutschen, weshalb 
man sie auch bei allen deutschen Völkern, wie verschieden sie auch sonst 
nach Stämmen, Landesart und Klima waren, selbst bei den schon im 
4ten bis 8ten Jahrhundert ausgewanderten deutschen Völkern fand. 
Der in seinen Rechten Verletzte fand hier sein Recht vor der versammel= 
ten Gemeinde seiner Ebenbürtigen, bei welchen in früheren Zeiten die 
Rechtsfindung war; das Recht, das Gericht zusammenzuberufen, ihm 
vorzusetzen, und das von der Gemeinde gefundene Urtheil auszuspre¬ 
chen und zu vollstrecken, stand aber nur der erblichen Obrigkeit, einem 
die Grundherrschaft über das Dorf, den Oberhof, besitzenden Ge¬ 
schlecht zu, und in sofern ist das Gericht dem Oberhofe anner; die 
spätere Strafgerichtsbarkeit gehörte ursprünglich nicht vor dies Ge¬ 
richt. Dies ist unstreitig der ursprüngliche Grundcharakter der Pa¬ 
trimonialgerichtsbarkeit und alles, was jetzt dabei von Uebertragung 
von Seiten des Landesherrn und von Belehnung gelehrt wird, darin 
in spätern Zeiten aus Römischen Begriffen übertragen. Die Patri¬ 
monialgerichtsbarkeit ist keinesweges, wie es nach dem Grundsatz: 
princeps est fons jurisdictionis, gelehrt wird, aus landesherrli¬ 
cher Belehnung, sondern vielmehr aus der Grundherrschaft über den 
Ort entstanden, diese mogte die Wirkung des Oberhofes oder aus dem 
eigentlichen Grundeigenthum an dem ganzen Gute entstanden sein. 
Jener Grundsatz war, nach Ref. vollständiger Ueberzeugung, in 
Deutschland durchaus unbekannt, als schon die gutsherrliche Gerichts¬ 
barkeit vorhanden war; daher sind die Belehnungen mit der Patri¬ 
monialgerichtsbarkeit auch erst aus spätern Zeiten. Eine Belehnung 
Gg 2 
Vorlage 
Staatsbibliothek 
Max-Planck-Institut für 
zu Berlir
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer