Page und Klage der Landwirthschaft.
1. Allgemeines. „Unsere Landwirthschaft, unser
Bauernstand sind krank, sehr krank", so hören wir von
allen Seiten rufen. Von überall her kommen diese Klagen
und jeder Tag bringt sie von neuem. Der Nothschrei
der Landwirthschaft ist aber nicht auf Deutschland be
schränkt, sondern erstreckt sich über ganz Mitteleuropa,
von Frankreich, selbst von England her bis nach Un
garn hinein. Und nicht blos weitverbreitet sind diese
Nothrufe, sie kommen auch aus der Grundschichte der
Gesellschaft und äußern sich dem aufmerksamen Be
obachter mitunter in einer Weise, die schwere Be
fürchtungen erregt. Es sind gewiß nicht leichte und
vorübergehende, oberflächliche Ursachen, welche zu jenen
Klagen und Nothrufen Veranlassung geben, sondern
schon die weite Verbreitung des Uebels über so viele
Länder, die an Geschichte, Verfassung und Sprache
verschieden sind, weist darauf hin, daß wir hier
eine sociale Krankheit vor uns haben, eine Krank
heit, welche eng mit der politischen, wirthschaft
lichen und sittlichen Lage Mitteleuropas zusammen
hängt. Daß dies in der That der Fall ist, werden
wir bald näher sehen.
Fragen wir die Betheiligten nach dem Wesen der
Krankheit, so werden sie uns alle das Uebel erklären
als ein langsames Absterben unserer Land
wirthschaft und der auf ihr ruhenden
Stände. Der ferner Stehende wird sich nur schwer