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§. 480.
Bedachten (allein oder gemeinsam mit Anderen) die Verfügung über den
ganzen Nachlass überlassen, oder ob er ihn hinsichtlich seiner Befriedigung
an einen Dritten verweisen wollte. Die vom Erblasser gebrauchten Worte
allein sind dabei nicht entscheidend. Sagt der Erblasser: „Ich vermache
mein Vermögen dem A, der Erbe des Hauses x soll jedoch B werden“,
so ist gleichwohl A als Erbe, B nur als Legatar anzusehen. Hinterlässt
der Erblasser dem A sein ganzes bewegliches, dem B sein ganzes un
bewegliches Vermögen, so sind beide als Erben, nicht als Legatare zu
betrachten, weil der Wille des Erblassers dahin geht, dass A und B mit
Ausschließung aller Anderen über seinen Nachlass zu verfügen berechtigt
sein sollen.*2) Das gleiche gilt auch dann, wenn der Erblasser sagt:
„Mein ganzes Vermögen besteht aus 30000 fl., davon soll A 10000,
B 20000 fl. bekommen"; sollte sich in diesem Falle auch noch ander
weitiges Vermögen vorfinden, so ist es zwischen A und B nach dem Ver
hältnisse von ½ zu 28 zu vertheilen. Sagt hingegen der Erblasser:
„Von jenen 30000 fl. soll A 10000 fl., B das Übrige bekommen", dann
ist A nur Legatar. Das Nämliche gilt, wenn der Erblasser nach Auf
zählung aller Bestandtheile seines Vermögens dieselben mit Ausnahme
eines einzelnen Stückes, das dem A zufallen soll, dem B zuwendet; dieser
allein ist der Erbe, A nur Legatar. Hingegen sind nur Legate vorhanden,
wenn der Erblasser dem A sein Haus, dem B sein Geld, dem C seinen
Hausrath hinterlässt, wenn sich außer diesen Stücken nichts in der Ver
lassenschaft befindet; nur werden die Legatare, wenn sich niemand als
Erbe erklären will, selbst als Erben behandelt (§. 726). Ein Legat liegt
auch dann vor, wenn der Erblasser jemandem den lebenslänglichen Frucht
genuss seiner Verlassenschaft hinterlässt; sagt er hingegen, dass er dem A
die ihm (dem Erblasser) kürzlich von X angefallene Erbschaft hinterlasse,
dann gilt A zwar gegenüber dem Testator als Legatar, gegenüber dem X
aber als Erbe.13)
Der Übergang des Nachlasses an den Erben ist in zweifacher Weise
denkbar; entweder so, dass der oder die Erben nebst der Erlangung der
gesammten Vermögensrechte auch in die Schulden des Erblassers als
Personalschuldner eintreten, oder so, dass die Schulden lediglich auf dem
Nachlassvermögen haften und damit den Gläubigern die Befugnis ge
währen, sich aus demselben, so lange etwas vorhanden ist, zu befriedigen,
ob nur in einzelne Verhältnisse, sondern
Schiffner a. a. O. §. 66), jemandem
darauf, ob in den Nachlass als in ein
zugewendet werden
Ganzes, in den Nachlass als eine Ge
12) Unger §. 8 Anm. 6, Zeiller
sammtheit oder ob in die einzelnen Ver
ad §. 556, Winiwarter ad §. 556,
hältnisse als einzelne succediert werden
Stubenrauch §. 535 Nr. 3 Anm. 1.
soll. Gegen Schiffner: Pfaff und
Ebenso sächs. G. B. §. 2170. Vgl. da
Hofmann Comm. II S. 14 Note 4:
gegen Schiffner G. Z. 1873 Nr. 83,
vgl. auch Steinlechner II S. 27
84, der in dieser Anordnung ein Ver
Note 2.
mächtnis finden will; denn wohl sei über
13) Vgl. überhaupt Unger I S. 395
das Activvermögen, nicht aber auch über
Note 53, Erbr. §. 8 Anm. 6, Pfaff u.
die Passiva verfügt; nicht darauf komme
Hofmann Comm. II S. 390 f.
es an, ob „in den ganzen Nachlass" oder